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Wer ist „Wir“?

Eine Bestimmung

Mars (Kriegsgott), national
„Auch beim Blick auf Russland zeigen sich in den Reihen der SPD immer noch alte Reflexe. Merz hat, was Putins Natur und Absichten angeht, keine Illusionen. Anders als Scholz will Merz daher auch das gerade wiederholte Angebot Macrons annehmen, über die Ausdehnung des französischen Atomschirms auf Deutschland zu sprechen. Wenn die Bundeswehr die stärkste konventionelle Armee in Europa werden soll, dann wäre auch notwendig, die Wehrpflicht zu reaktivieren. Sie würde nicht nur die Verteidigungsfähigkeit erhöhen, sondern den jungen Deutschen auch deutlicher als vieles andere machen: Der Staat, das sind wir alle.“
Berthold Kohler, „Ein Appell an alle“; „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 15.5.2025, S. 1 (Leitkommentar).

Kritisch klar
„Das Militär, dieser tiefste Ausdruck der deutschen Seele, hat’s ja nur deshalb so leicht gehabt, weil an das Letzte im Deutschen gerührt wurde: an das Gefühl vom Unwert des Individuums und an den Gruppenstolz. (…) Der Standesdünkel liegt in derselben Schublade wie der Patriotismus. Vom Feuerwehrverein bis zum Vaterland sind nur wenige Schritte. Und daher sieht bei uns der Skatverein wie ein Staat und der Staat wie ein Skatverein aus.“
Kurt Tucholsky, “Standesdünkel und Zeitung“, 1926.

So oder so
„Am besten wird die Stellung der Ärzte im Kriege deutlich. Da können sie nichts tun zur Verhinderung der Kriege, sie können nur die zerschmetterten Gliedmaßen wieder zusammenflicken. Und es herrscht immer Krieg in unseren Städten.“
Bertolt Brecht, „Interesse der Kopfarbeiter an der Umwälzung“, „Me-ti/Buch der Wendungen“, entstanden im Exil der 1930er Jahre.

Energisch zu fragen ist: Warum soll die Bundeswehr eigentlich die stärkste konventionelle Armee Europas werden? Ist aus zwei Weltkriegen nicht genug gelernt? Unter dem französischen Atomschirm (welch beschönigendes Wort!) ist keine Erhöhung der Kriegsgefahr zu erwarten? Der Staat, „wir alle“, ist die Kriegstüchtigkeit?

Wo ist da die Friedensfähigkeit geblieben? Die „Reaktivierung der Wehrpflicht“ gehört keinesfalls dazu.

Eine Medizin, Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, nicht zuletzt auch die medizinische Wissenschaft, seien auf Heilung, Prävention und zumindest nicht auf Schaden ausgerichtet und darüber hinaus auf zivile Nützlichkeit positiv verpflichtet.

Leben wir, wollen wir leben, in einem Militär- und Rüstungsstaat oder in einem Gemeinwesen, einer Gesellschaft, in der Bildung, Kultur, Aufklärung, Demokratie, Kooperation, Wohlentwicklung und Humanität Vorrang haben und bestimmend sind für die Verwirklichung der Menschenrechte? Menschen jeglichen Alters haben in ihrer Mehrheit wenig von Krieg, Rüstung, rabiaten Feindbildern sowie von Befehl und Gehorsam. Der Untertan ist kein verantwortungsvoller Staatsbürger. Frieden ist die soziale Verwirklichung der Gewaltlosigkeit – was auch die kulturelle Qualität der Gesellschaft betrifft – im internationalen Zusammenhang sowie im gesellschaftlichen Alltag. Sinnvolle Arbeitsverhältnisse, soziale Daseinsvorsorge und „Kultur für Alle“ gehören dazu.

Die Akteure der Wissenschaften sind deshalb in diesem Zusammenhang neu gefordert. Die Wahrheitsfindung zu rein zivilen Zwecken, die entsprechende Qualifizierung engagierter Persönlichkeiten sowie die Sendung stark wahrnehmbarer, orientierender Signale in die Gesellschaft stehen gesteigert auf der akademischen Tagesordnung. Die Zivilklauseln bedürfen ihrer Verteidigung bzw. ihrer vitalen Aktualisierung. Dafür können alle Mitgliedergruppen eine humane Verantwortung übernehmen. Zusammen, einzeln und mit Einsicht und Aussicht.