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Bewegbare Relationen

Die soziale Frage

„Das größte Haushaltsrisiko trägt den Namen HSH Nordbank und trifft neben Hamburg auch Schleswig-Holstein, die beiden Haupteigentümer des Kreditinstituts. Die notleidenden Altkredite aus den Zeiten vor dem Finanzcrash 2008, die die Länder zur Vermeidung einer Insolvenz 2016 übernommen haben, trieben deren Schuldenstand gegen den Bundestrend in die Höhe. Und ein Ende ist auch hier nicht abzusehen: Gerade erst ist bekannt geworden, dass die Bank der Firmengruppe des Reeders Heinrich Schoeller Schulden in Höhe von voraussichtlich 800 Millionen Dollar erlassen will. So soll die HSH für potentielle Käufer attraktiver gemacht werden.“

Peter Ulrich Meyer: Das Risiko heißt HSH Nordbank, Hamburger Abendblatt, 15.08.2017.

Eine repräsentative Erhebung der Universität St. Gallen ergab jüngst, daß die meisten Bundesbürger*innen die reale Dimension sozialer Ungleichheit hierzulande unterschätzen – und sich dennoch eine gleichere Vermögensverteilung wünschen.
Tatsächlich verfügen die reichsten 10% der Bürger*innen über 74% des Vermögens; durchschnittlich wurde sie auf 53% geschätzt. Das Vermögen des ärmsten Fünftels der Bevölkerung wurde auf immerhin noch 5% des Nettovermögens geschätzt. Real besitzt es aber gar kein Vermögen, sondern Schulden.

Selbst die Wähler*innen der marktradikalen FDP wünschen sich, derselben Studie zufolge, eine wesentlich geringere soziale Ungleichheit im Land, für die potentiellen Wähler*innen aller anderen Parteien gilt dies erst recht.

Was steht einer sozialen Veränderung entgegen?

Zuerst eine regierungsamtliche Politik in Bund und Ländern, die dem privaten Kapital, insbesondere den Banken, der Automobilindustrie und allen, die sonst als „systemrelevant“ gelten, viel zu wohlgesonnen ist.

Besonders schwerwiegend schädlich ist dabei die sogenannte „Schuldenbremse“. Das Beispiel der „Rettung“ der HSH Nordbank ist symptomatisch: Reeder, die sich zwecks Steuervermeidung mit ihren Firmen auf Zypern oder andern Orts gütlich gehalten haben, bekommen aus Steuermitteln einen Schuldenschnitt geschenkt. Die „faulen“ Kredite der Staatsbank werden einzig aus Staatsgeldern kompensiert, damit nächstes Jahr die Bank privatisiert werden kann. Zugleich gilt mit der „Schuldenbremse“ das Dekret, daß die öffentlichen Ausgaben in Hamburg nicht mehr als 0,88% pro Jahr anwachsen dürfen – weder für Kitas, Schulen und Hochschulen, noch für die überfällige Rekommunalisierung der Krankenhäuser, für sichere und ökologisch vernünftige Verkehrswege noch für einen soliden Sozialstaat und einen menschenfreundlichen öffentlichen Dienst. Da kontinuierlich die Steigerung von Preisen und Tarifen über der 0,88%-Marge liegt, ist das eine permanente De-Facto-Kürzung, die alle trifft. Eine dürftige Politik!

„Notleidende“ Kredite oder Banken, Konzerne und Kapitalisten sind „too big to fail“ – es sollen aber keine Mittel für die Verwirklichung – auch internationaler – sozialer und kultureller Menschenrechte vorhanden sein?

Es gibt in diesem System zwei grundlegende Fehler: die Konzentration von gesellschaftlich erarbeitetem Reichtum in den Händen weniger und eine ausgeprägte politische Bangbüchsigkeit, an diesem Mißverhältnis bedeutend etwas zu ändern.

In solcher Lage ist die wirksamste Kur, wenn die Vielen für die Vielen aktiv werden: für humane soziale Ansprüche, mit kritischer Kreativität, internationaler Weitsicht und Solidarität, und in dem Bewußtsein, daß für ein menschenwürdiges Gemeinwesen alle von Bedeutung sind.