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Dokumentation von Initiativen, Kontroversen und Beschlüssen aus dem Akademischen Senat (AS) im Jahre 2021

Würde des Menschen

ist, reflektiert und konkret, Solidarität!

Masereel, 1948

Hier findet Ihr die Dokumentation auch als Broschüre:

Inhalt

0. Editorial

1. Zur Erweiterten Befreiung
gegen Rechts
1.1. Gedenken an die Weiße Rose
1.2. Der 8. Mai als Jahrestag der Befreiung vom Faschismus
1.3. Bücherverbrennung - Nie wieder!
1.4. Antifaschismus (auch) als wissenschaftliche Haltung

2. Für die Öffnung der Universität
Aufklärung statt Angst!
2.1. Für die Ermöglichung von Lehre und Studium in Präsenz
2.2. Für Mitbestimmung – gerade in schwierigen Zeiten
2.3. Konkrete Perspektive für Lehre und Prüfungen in Präsenz
2.4. Die Lage der Internationalen Studierenden in der Pandemie
2.5. Praktische Perspektivgebung (Ausschuss für Lehre & Studium)
2.5.1. Frischer Wind für die Universität
2.5.2. Wissenschaft zum Allgemeinwohl
2.6. Kultur eröffnet!
2.7. Die mentale Situation der Studierenden nach 2 Jahren Pandemie

3. Universitäre Demokratie und anscheinende Mängel
Zur Präsidentenfindung
3.1. „Moderne“ Demokratie:
3.2. Zweite Übung: Vielleicht will der Akademische Senat den künftigen Präsidenten doch anhören
3.3. Dritte Übung: Hearing zur Präsidenten-„Wahl“
3.4. Im Ergebnis: Die wachsende Verantwortung begrüßen

4. Völlig losgelöst?
Oder: Von Bedrängnis und Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit
4.1. In Einheit: Freiheit - Gleichheit - Solidarität
4.2. Wie die Wissenschaftsfreiheit weiter diskutiert werden könnte

5. Hochschulfinanzierung
5.1. Hochschulvereinbarung im Ergebnis ungeeignet
5.2. Erweiterte Stellungnahme zum Hochschulvertrag
5.3. Perspektiven für wissenschaftliche Mitarbeiter:innen schaffen!
5.4. To be continued


Editorial

„Die Logik ist zwar unerschütterlich,
aber einem Menschen, der leben will, widersteht sie nicht.“

Franz Kafka, „Der Prozeß“, vollendet 1914/15, erschienen 1925.

Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Niemand sterbe mehr Hungers, keine Grenze sei der menschlichen Entfaltung gesetzt, wohl aber der Ausbeutung, Gesundheit sei keine Ware, sinnvolle Kultur ein allseits bewegendes Bedürfnis, die Artenvielfalt und das Klima seien gewahrt, die industrielle Produktion und Energiegewinnung nachhaltig, die Arbeit sinnvoll und gerecht verteilt, Gewalt und Not eine warnende Erinnerung sowie soziale Wohlentwicklung gemeinsames Ziel.

Mit solcher Orientierung lässt sich mit Begeisterung lernen, lehren und forschen. Nicht weniger ist damit verbunden, wenn die Universität Hamburg sich als „Universität der Nachhaltigkeit“ bezeichnet.

Allerdings lässt der universitäre Alltag – besonders unter Bedingungen von Schließung, Digitalität und Unterfinanzierung – diese gemeinsame Sinnstiftung meist vermissen. Das ist zu ändern. Der Akademischen Senat (AS) ist das höchste (teil-)demokratischen Gremium der Universität. Hier wird durch nachdrückliche studentische Initiative zunehmend produktiv darüber diskutiert, wie die menschenfreundliche Relevanz der Wissenschaften zu steigern, entsprechend das Studium zu reformieren, die Pandemiekrise souverän zu überwinden und der politisch verordneten Unterfinanzierung von Bildung und Wissenschaft offensiv solidarisch zu begegnen ist.

Der Beginn des Wintersemesters mit einer „Kulturwoche“ als Einladung an alle Mitglieder, eine ermutigende Wiedereröffnung der Universität nach drei „Lock-Down“-Semestern zu gestalten, kann für dieses Engagement als beispielhaft gelten (Vgl. S. 20). Alle Mitglieder der Universität, ihre bestehenden und neue Performance-, Theater- und Musikensembles waren aufgerufen, mitzuwirken; alle waren eingeladen, dieses kleine Festival universitärer Kultur praktisch zu ermöglichen und gemeinsam zu genießen. Das gelang und kann in Zukunft ausgeweitet werden.

In diesem Sinne haben wir, die Mitglieder des „BAE!“ (zusammen mit Kommiliton:innen von „CampusGrün“) im vergangenen Jahr im AS und seinen Ausschüssen gewirkt – entgegen einem bedrückend demokratie- und kulturarmen „Ausnahmezustand“.

Initiativen, Kontroversen und Beschlüsse des letzten Jahres sind in dieser Broschüre nachzuvollziehen.
(Sie schließen an das Vorjahr an, wie sich in der „Beschluss-Broschüre 2020“ nachlesen lässt: https://www.bae-hamburg.de/artikel_403.html)

Wir wünschen anregende Lektüre: Und auch in diesem Jahr sind alle Uni-Mitglieder eingeladen, mitzutun!

harte zeiten – junge sozialist:innen,
Liste LINKS,
SDS*
sowie zahlreiche Freunde

Zusammen das
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation! (BAE!)


1. Zur Erweiterten Befreiung

1.1. Gedenken an die Weiße Rose

Die „Weiße Rose“, eine Widerstandsgruppe gegen das Nazi-Regime, die überwiegend aus Studierenden bestand, wirkte an der Münchener Universität und auch an der Universität Hamburg. Im Audimax erinnert eine in den Boden des Foyers eingelassene Plakette an diese couragierten Kommiliton:innen, die von den Nazis aufgespührt und ermordet wurden: Reinhold Meyer, Hans Leipelt, Margaretha Rothe und Frederik Geussenhainer.
Wir bemühen uns mit eigenen Aktivitäten und in Kooperation mit der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte sowie dem ehemaligen Universitätspräsidenten Prof. Dr. Peter Fischer-Appelt, die Erinnerung an dieses Engagement für heute konsequenzenreich lebendig zu gestalten. Dazu gehörte im vergangenen Jahr auch eine Kundgebung anläßlich des 100. Geburtstages von Hans Leipelt. Solches war (und ist fortgesetzt) gegen die verdrängende Wirkung der „Eindämmung“ relevant und nötig:

Auszug aus dem Protokoll des Akademischen Senats vom 11. Februar 2021:

Frau Horn weist auf eine von studentischer Seite organisierte Gedenkveranstaltung anlässlich des 76. Todestags von Hans Leipelt, Mitglied des Hamburger Zweigs der Weißen Rose, am 29.01.2021 hin und fragt, wie die von den Widerstandskämpfern geäußerte Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben heute realisiert werden könne.
Der Präsident gibt zu bedenken, dass sich diese Frage an alle richte, es aber offenbar nicht die einzig richtige Antwort darauf gebe.
Frau Horn weist darauf hin, dass die Frage auch direkt an das Präsidium gerichtet sei und bittet das Präsidium darum, die Frage im Nachgang schriftlich zu beantworten.

1.2. Der 8. Mai als Jahrestag der Befreiung vom Faschismus würdigen und feiern

Beschluss des Akademischen Senats vom 15. April 2021
(Auszug aus dem Protokoll):
„Frau Sepehrnia erläutert den vorliegenden Antrag.
Der Präsident weist darauf hin, dass es dem Akademischen Senat nicht zustehe, sich zu dem letzten Satz „Er unterstützt den Appell zahlreicher Bürger*innen, den 8. Mai auf Dauer zum Ge- denk- und Feiertag zu machen.“ zu äußern, da es sich um eine allgemeinpolitische Frage handele.
Frau Sepehrnia schlägt vor, über den letzten Satz separat abzustimmen. Der Akademische Senat verständigt sich auf eine separate Abstimmung. Der Akademische Senats beschließt mit 10 Stimmen folgenden Antrag:

Die Feier des 8. Mais als Jahrestag der Befreiung erinnert an die Geschichte vielfältiger kultureller, sozialer und intellektueller sowie zuweilen höchst couragiert kämpferischer Aktivität für eine Menschheit, die sich in Frieden und Gerechtigkeit eint. Diese geschichtliche Bewegung steht vor neuen Herausforderungen. Es ist originärer Sinn von Bildung und Wissenschaft, daran mitzuwirken. In diesem Verständnis begrüßt der Akademische Senat der Universität Hamburg die Feierlichkeiten zum 8. Mai in Hamburg. Er ermuntert die Mitglieder der Universität zur Teilnahme.

Fest der Befreiung
8. Mai 2021, 10-21 Uhr, auf dem Hamburger Rathausmarkt
Info: https://8mai-hamburg.de/
Stadtrundgang:
8. Mai 2021, 15 Uhr Valentinskamp 34.

Vier Mitglieder des Akademischen Senats stimmen für folgende Ergänzung des Antrags:
Der Akademische Senat unterstützt den Appell zahlreicher Bürger*innen, den 8. Mai auf Dauer zum Gedenk- und Feiertag zu machen.
Drei Mitglieder des Akademischen Senats enthalten sich.

1.3. Bücherverbrennung - Nie wieder!

In der Sitzung des Akademischen Senats vom 6. Mai 2021 wird auf unseren Antrag der nachstehende Aufruf zum Gedenken an die Bücherverbrennung durch Nazi-Studentenorganisationen 1933 beschlossen:

"Kein Mensch und keine Gewalt können die Bücher aus der Welt schaffen, die den ewigen Kampf der Menschheit gegen die Tyrannei zum Ausdruck bringen.“

F.D. Roosevelt am 10. Mai 1943

In Hamburg brannten am 15. Mai 1933 Bücher fortschrittlicher, jüdischer und pazifistischer Autorinnen und Autoren. Der Scheiterhaufen gegen die menschliche Vernunft wurde, wie überall im „Dritten Reich“, von NS-Studenten errichtet, die die Mehrzahl der organisierten Studierenden stellten. Sie fanden Rückhalt im Nazi-Staat und in der Hochschullehrerschaft. Diese hatte sich gerade auf Basis des antisemitischen und antidemokratischen Gesetzes „zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus rassistischen oder opportunistischen und karrieristischen Motiven zahlreicher jüdischer und humanistisch gesonnener Kolleginnen und Kollegen entledigt.
Wir erinnern an die Mitglieder der Universität, die in der Folge zwangsrelegiert, verhaftet und gefoltert wurden, die man ins Exil trieb, die Selbstmord begingen, deportiert und ermordet wurden und an die, die mutig Widerstand leisteten. Stellvertretend seien genannt:

der Professor für Rechtswissenschaft, Friedensforscher und Musiker Albrecht Mendelssohn-Bartholdy, der - ins Oxforder Exil getrieben - dort nach schwerer Krankheit 62-jährig verstarb,
die Islamwissenschaftlerin Hedwig Klein, die zur islamischen Frühgeschichte forschte, der man unrechtmäßig den Doktortitel verweigerte und die in Auschwitz, 31-jährig, zu Tode gebracht wurde,
der Literaturwissenschaftler, Exilforscher und politisch engagierter Humanist Walter A. Berendsohn, dessen verhinderte Rückkehr nach der Befreiung vom Faschismus exemplarisch ist, für die zweite Schuld des deutschen Universitätssystems,
die Medizinstudentin Margaretha Rothe, als Mitglied der einzigen überindividuellen Widerstandsgruppe an der Universität, dem „Hamburger Zweig“ der „Weißen Rose, verraten und in Haft genommen, in der sie im April 1945 starb.

Der Akademische Senat ruft alle Mitglieder der Universität Hamburg auf, das vielfältige humanistische Erbe der von den Nazis verfolgten aufzugreifen. Ihr Wirken und Lebensweg soll Inspiration und Mahnung sind, Wissenschaft und Bildung heute für ein menschenwürdige, friedliche und demokratische Veränderung der Welt zu nutzen:

Öffentliche Lesung
aus Büchern, die 1933 von den Nazis verbrannt wurden.
Sonnabend, den 15. Mai 2020 von 14 bis 16 Uhr
(umsonst & draußen, mit Abstand & MNS)
21. Marathonlesung aus den verbrannten Büchern;
pandemiebedingt als „Kurzlesung“
Eröffnung mit Esther Bejarano und Peggy Parnass
Genau dort, wo am 15. Mai 1933 NS-Studentenorganisationen und Burschenschafter Bücher verbrannten:
„Platz der Bücherverbrennung“
am Kaiser-Friedrich-Ufer/Ecke Heymann Straße Hamburg-Eimsbüttel
am Isebek-Kanal (Metrobus 4, Haltestelle KaiFU).“

1.4. Antifaschismus (auch) als wissenschaftliche Haltung

Aufruf des Akademischen Senats vom 28. Oktober 2021 zur Teilnahme an der Mahnwache anlässlich des Jahrestags der Zerstörung der Synagoge in unmittelbarer Nähe der Universität am 9. November 1938:

Der Akademische Senat begrüßt die Veranstaltung zum tätigen Gedenken an die Opfer des Pogroms vom 9.11. 1938. Die Universität Hamburg stellt sich ihrer Mitverantwortung für die Verfolgung und Vernichtung von Bürgerinnen und Bürgern aus dem jüdischen Kulturkreis, unter denen auch zahlreiche ihrer Mitglieder waren, indem sie die Erinnerung an deren akademisches und gesellschaftliches Wirken nicht verblassen lässt. Forschung, Lehre und Bildung der Humanität und Wahrheit zu widmen sowie Vorurteilen, Verleumdungen und Ausgrenzung mit Aufklärung frühzeitig entgegenzutreten, verbindet uns heute in ihrem Vermächtnis. Der Akademische Senat ruft alle zur Teilnahme an der Mahnwache auf. Er bittet das Präsidium, für die Veröffentlichung des Aufrufs auf allen Kanälen der Universität Sorge zu tragen.


2. Für die Öffnung der Universität

Aufklärung statt Angst!

Der Konflikt mit der Hochschulleitung und auch im Akademischen Senat ist seit Beginn der Pandemie zugespitzt. Zu Beginn des Jahres herrschte qua präsidialer Verordnung lähmende Stille auf dem Campus – im äußersten Gegensatz zu der Notwendigkeit, durch Bildung und Wissenschaft zu einer produktiven Überwindung (nicht nur) der Pandemiekrise beizutragen und der Isolation durch engagierte, aufgeklärte und menschlich sorgfältige Kooperation entgegenzuwirken.

2.1 Für die Ermöglichung von Lehre und Studium in Präsenz

In der Sitzung am 22. Februar 2021 beschließt der Akademische Senat:

Der Akademische Senat beschließt mit 11 : 4 : 1 Stimmen, dem Präsidium zu empfehlen, an der Universität Hamburg - in Übereinstimmung mit der Hamburgischen SARS-CoV-2- Eindämmungsverordnung und so wie an anderen Hamburger Hochschulen auch - die Möglichkeit (!) für das Angebot von Lehrveranstaltungen in Präsenz- oder Hybridform zu schaffen. Dies gilt insbesondere für interaktive Formate wie Seminare und Veranstaltungen für Studienanfänger:innen sowie für Laborpraktika.

In derselben Sitzung findet der weiterreichende Antrag zahlreicher Mitglieder von Gremien und Fachschaftsräten der Universität keine ausreichende Mehrheit. Trotzdem wird mit dieser gruppenübergreifenden Positionierung der Druck auf das Uni-Präsidium, seine abwehrende Haltung zur Öffnung der Hochschulen zu überdenken, erhöht:

Für eine Öffnung der Universität im Einklang mit der Eindämmungsverordnung

Hamburg, den 04.01.2021

Liebe Mitglieder des Präsidiums,
anknüpfend an die mitgliedergruppenübergreifende Verständigung in Akademischem Senat und anderen universitären Selbstverwaltungsgremien bitten wir Sie, Studium, Lehre und Forschung sowie die Mitwirkung an den Gremien und Organen der universitären Selbstverwaltung künftig für alle zu ermöglichen. Dafür sind die Regeln der Universität in Übereinstimmung mit der Sars-CoV-19-Verordnung des Senats der FHH zu bringen. Sollte die Geltung der aktuellen Eindämmungsverordnung des Senats über den 10. Januar hinaus verlängert werden, sind folgende Erweiterungen der 10. Dienstanweisung erforderlich:
1. Die Mitglieder der Universität können ihre demokratischen Rechte wahrnehmen. Gremien der Studierendenschaft, der akademischen Selbstverwaltung und die Personalräte können auf notwendige Infrastruktur (insbesondere Arbeitsräume und WLAN) der Universität zurückgreifen. Der Zugang zu Wahlurnen wird gewährleistet.
2. Für Gremiensitzungen bzw. die Teilnahme an Gremiensitzungen können Räume der Universität gebucht werden.
3. Die Mitglieder der Universität können in den Räumen der Universität ihren Aufgaben verantwortlich nachkommen. Dafür bedarf es insbesondere des Zugangs zu Büros und Laboreinrichtungen, sowie der Einrichtung von Arbeitsplätzen für Studierende.
4. Die Bibliotheken sind für alle Mitglieder der Universität nutzbar.

Mit kollegialen Grüßen,

Lukas Eble (Mitglied des Fakultätsrats Erziehungswissenschaft)
Lene Greve (Geschäftsführende Vorsitzende im Ausschuss für Lehre & Studium)
Dr. Marc-Olivier Hinzelin (Mitglied des Akademischen Senats)
Svenja Horn (Mitglied des Akademischen Senats)
Kerstin Hosie (Mitglied im Ausschuss für Studium, Lehre und Studienreform der Fakultät Erziehungswissenschaft)
Katharina Jessen (Mitglied des Fakultätsrats WiSo)
Michael König (Mitglied des Akademischen Senats und des Fakultätsrats MIN)
Florian Muhl (Mitglied im Ausschuss für Studium, Lehre und Studienreform der Fakultät Erziehungswissenschaft)
Prof. Dr. Martina Neuburger (Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Geographie)
Prof. Dr. em. Norman Paech (Fachbereich Sozialökonomie)
Till Petersen (Mitglied im für Planung und Haushalt)
Prof. Dr. Kai-Uwe Schnapp (Mitglied des Akademischen Senats)
Golnar Sepehrnia (Mitglied im Ausschuss für Lehre und Studium)
Olaf Walther (Arbeitsgruppe zur Befassung mit dem Schutz der wissenschaftlichen Freiheit)

2.2. Für Mitbestimmung – gerade in schwierigen Zeiten

Beschluss des Akademischen Senats am 15. April 2021
(Auszug aus dem Protokoll):

Der Akademische Senat beschließt mit 14 : 1 : 3 Stimmen:
Der Akademische Senat empfiehlt dem Präsidium, den Akademischen Senat und den Personalrat des Wissenschaftlichen Personals (WIPR) beim Entwurf derjenigen Teile der Dienstanweisungen, die Forschung und Lehre sowie die Arbeitsbedingungen der Lehrenden betreffen, zu konsultieren und die Ergebnisse dieser Konsultation in der jeweiligen Dienstanweisung zu berücksichtigen.

2.3. Konkrete Perspektive für Lehre und Prüfungen in Präsenz

Beschluss des Akademischen Senats auf Initiative des Wissenschaftlichen Personalrats zur Ermöglichung von Präsenzlehre von der Sitzung am 10. Juni 2021:

Präsenzlehre und Präsenzprüfungen sowie Erprobung hybrider Formate im Sommersemester 2021

Lehrveranstaltungen jeglicher Art mit bis zu 30 Teilnehmenden in Präsenz werden in Hörsälen und großen Seminarräumen zugelassen. Das gleiche gilt für Prüfungen in Präsenz. Die Lehren- den entscheiden dabei frei über die Durchführung von Präsenzveranstaltungen bzw. von Präsenzanteilen hybrider Lehre und melden Ihre Absicht, Präsenzveranstaltungen abzuhalten, dem Fachbereich bzw. der Fakultät. Den Fakultäten wird dafür schnellstmöglich wieder die Verfügung über ihre Raume gegeben. Die Fakultäten nehmen dabei die Vergabe der Räume unter Anwendung der zum Teil schon fakultätsintern beschlossenen Priorisierungen vor. Spätestens ab dem 14.6.2021 können Lehrveranstaltungen jeglicher Art mit bis zu 50 Teilnehmenden in Präsenz sowie und Prüfungen in Präsenz wieder durchgeführt werden. Die Erprobung hybrider Formate wird ermöglicht, um gemeinsam Erfahrungen zu sammeln. Studierende entscheiden bei Präsenzlehre bzw. Präsenzanteilen hybrider Lehre frei darüber, ob sie an Präsenzlehre teil- nehmen oder die Veranstaltung weiter online besuchen.

Präsenzlehre im Wintersemester 2021/22

Impfungen aller Hochschulmitglieder zum Vorlesungsstart
Die Impfung möglichst aller Hochschulmitglieder ist von äußerster Wichtigkeit für einen um- fangreichen und stabilen Präsenzbetrieb im Wintersemester. Der HRK-Präsident Peter André Alt hat die Landeregierungen deshalb dazu aufgerufen, die Impfungen der Studierenden von Mitte Juli bis Ende August zu organisieren, ähnliche Forderungen hat auch die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer gestellt. Wir bitten deshalb die UHH, für ihre Studierenden entsprechende Impfmöglichkeiten zu schaffen bzw. sich dafür einzusetzen, dass sie ein Impfangebot erhalten.
Anpassung der Eindämmungsverordnung
Die gegenwärtigen Vorgaben zum Einhalten von Abstandsregeln und die Begrenzung auf maxi- mal 50 Teilnehmer in Innenräumen sind extreme Hemmnisse für die Nutzung der Seminarräume und Hörsäle. Bei hoher Impfquote, weiter fallenden Inzidenz- und R-Werten müssen diese Regeln gelockert werden. Ansonsten stehen weder ausreichend Räume noch Personal für die Präsenzlehre zur Verfügung.
Impfschutz-Monitoring der Hochschulen und Tests:
Die regelmäßige Auffrischung der Erstimpfung wird allgemein als notwendig erachtet. Da die Dauer des Impfschutzes nicht absehbar ist, sollten die Universitäten in regelmäßigen Abstanden anonym die Impfquote ihrer Mitglieder erheben und Schnelltests anbieten.
Lehr- und Raumplanungen
Raumplanungen für den Vorlesungsbetrieb sind zeitaufwendig, ein ad-hoc-Start erst im Oktober 2021 wird nicht gelingen. Deshalb müssen die Raumplanungen wie in den Vor-Corona-Jahren möglichst früh, spätestens aber Anfang Juli 2021 beginnen. Bei den Lehrenden sollte dazu zeitnah abgefragt werden, ob sie die Lehre in Präsenz oder online durchführen werden. Es wird dennoch aufgrund von Transferwegen von und zum Hörsaal/Seminarraum nicht leicht werden, beides parallel zu planen. Es erscheint deshalb absolut not- wendig, auch für die Teilnahme der Studierenden an synchroner Online-Lehre auch Arbeitsplätze an den Hochschulen bereitzustellen.
Öffentliche Kommunikation:
Im öffentlichen Diskurs wird teilweise die These vertreten, dass es nach Corona keinen Weg zur normalen Präsenzlehre zurückgeben werde. Überzeugende Gründe dafür wurden bislang nicht genannt, auch wenn sicherlich viele Neuerungen die Corona-Zeit überdauern werden. Wenn mehr Anreize für den Ausbau der Online-Lehre geschaffen werden sollen, so muss auch der besonders hohe Zeitaufwand für die Vorbereitung berücksichtigt werden. An der TU-Braunschweig wurde dies z.B. durch einen Anrechnungsfaktor von 1,25 für die Online-Lehre in der Lehrverpflichtung gemacht. Klar muss sein, dass Lehrende frei über die Lehrform ihrer Veranstaltungen entscheiden.

Der Akademische Senat möge beschließen, dass
• Präsenzlehre und Präsenzprüfungen sowie Erprobung hybrider Formate im Sommersemester 2021 und Präsenzlehre und Präsenzprüfungen im Wintersemester 2021/22 gemäß den oben genannten Ausführungen zur Umsetzung gebracht werden sollen,
• das Präsidium dem Akademischen Senat in seiner Sitzung im Juli 2021 über die Umsetzung berichtet.

Auszug aus dem Protokoll:

Der Akademische Senat diskutiert über die vom Präsidium vorgestellten Planungen und den vorliegenden Antrag von Prof. Dr. Burger und Dr. Hinzelin.
Der Präsident weist darauf hin, dass der Beschlussvorschlag an zwei Stellen geändert werden müsse:
• Der Akademische Senat bittet das Präsidium, dafür zu sorgen, dass Präsenzlehre und Präsenzprüfungen sowie Erprobung hybrider Formate im Sommersemester 2021 und Präsenzlehre und Präsenzprüfungen im Wintersemester 2021/22 gemäß den oben genannten Ausführungen zur Umsetzung gebracht werden sollen.
• Der Akademische Senat bittet das Präsidium, dem Akademischen Senat in seiner Sitzung im Juli 2021 über die Umsetzung zu berichten.
Der Akademische Senat beschließt einstimmig den eben genannten modifizierten Beschlussvorschlag.“

2.4. Die Lage der Internationalen Studierenden in der Pandemie

Erörterung und Beschluss des Akademischen Senats zur Lage Internationaler Studierender in der Pandemie vom 10. Juni 2021
(Auszug aus dem Protokoll):

Der Akademische Senat beschließt den vorliegenden Beschlussvorschlag mit 16 : 0 : 0 Stimmen:

Eine soziale und hochschulische Förderung der internationalen Studierenden, die ihr Studium vom Ausland aus beginnen mussten, ist zwingend geboten. Die Internationalität der Universität, die sie als Beitrag zu Verständigung, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Sustainable Development Goals wahrnehmen will, erfordert internationale Studierende. Internationalität ist eine gemeinsame institutionelle Aufgabe und liegt nicht in der „Eigenverantwortung“ der Studieren- den.
Der Akademische Senat bittet das Präsidium, die Lage der internationalen Studierenden auf allen Ebenen der Hochschulpolitik und in der Universität zur Sprache zu bringen und für in jeder Hinsicht faire Nachteilsausgleiche zu wirken.
Insbesondere möge das Präsidium in der Hochschulrektorenkonferenz sowie gegenüber der KMK und den zuständigen Bundesministerien dafür wirken, dass die sofortige Bearbeitung von Visa-Anträgen immatrikulierter Studierenden durchgesetzt wird.
Der Akademische Senat fordert die BWFGB auf, einen Fonds für Hamburgs internationale Studierende einzurichten, aus dem leistungsunabhängig eine bedarfsdeckende Förderung (s. BAföG) für mindestens zwei Semester unbürokratisch ausgezahlt werden kann.
Der Akademische Senat bittet die BWFGB auf, die Gesamtsumme für Leistungs- und Examensstipendien für internationale Studierende erheblich zu erhöhen.

Frau Sepehrnia bittet darum, dass die in dieser Sitzung anwesenden Mitarbeiter/innen der Abt. 5 [Internationales] dem Akademischen Senat in der nächsten Sitzung ihre den Antrag betreffenden Erkenntnisse mitteilen können und ein erneuter Austausch über den Umgang mit der Lage stattfindet.
Vizepräsidentin Prof. Dr. Frost sagt zu, die in der Vorlage genannte Frage und die entsprechende Antwort ins Protokoll aufzunehmen.

Abt. 5 (Internationales) gibt nachträglich zu Protokoll:

Ohne Zweifel sind die internationalen Studierenden durch die Pandemie besonders betroffen. Nach den STiNE-Daten (Meldeadressen) und den Beratungskontakten des Campus-Centers ist davon auszugehen, dass sich (Stand Mai 2021) ca. 100 internationale Studierende der Universität Hamburg in ihren Heimatländern befinden. Die Zahl der Studierenden, die seit Ausbruch der Pandemie im Heimatland festsitzt, liegt laut Auskunft der Abt. 3 bei unter 10 Personen. Da die überwiegende Mehrheit der Konsulate im Spätsommer 2020 zum eingeschränkten Regelbetrieb zurückgekehrt ist, hat sich die Einreisesituation für internationale Studierende etwas entspannt. Dennoch können Rückstaus in der Visabearbeitung die pünktliche Einreise vieler internationaler Studierender zum Wintersemester 2021/22 erheblich verzögern. Die langen Wartezeiten für Visatermine, die bereits in bestimmten Ländern vor der Pandemie bestanden, sind der HRK und dem DAAD durchaus bekannt; bisher konnte eine Einwirkung ihrerseits nicht zu einer deutlichen Beschleunigung der Bearbeitung der Anträge führen.
In den vergangenen Semestern hat die Universität diejenigen, die aufgrund verzögerter Visabearbeitung nicht rechtzeitig einreisen konnten, durch eine Reihe von Maßnahmen unterstützt, damit sie trotzt allem ihr Studium aufnehmen konnten. Dazu zählen z.B. die virtuelle PIASTA Welcome Week, Einzelberatungen zur Visabeantragung (2020: 937 Einzelberatungen durch das Campus-Center), die Erarbeitung individueller Studienpläne und vieles mehr.
Durch den Wegfall von Nebenjobeinkünften befinden sich viele internationale Studierende in einer schwierigen finanziellen Lage; dennoch ist weder die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber auf die von der Universität Hamburg betreuten Leistungs- und Examensstipendien noch die Zahl der Anträge auf Unterstützung durch den ökumenischen Notfonds der Diakonie Hamburg merkbar gestiegen. Die Universität Hamburg vergibt im Jahr 2021 Finanzierungshilfen für internationale Studierende in Form von Leistungs- und Examensstipendien in einer Höhe von ca. 525.000 EUR. Die Abteilung Internationales, die diese Programme betreut, sucht und nutzt stets neue Kanäle, um die Zielgruppen auf diese Unterstützungsmaßnahmen aufmerksam zu machen.

Auszug aus dem Protokoll des Akademischen Senats vom 8. Juli 2021:

Frau Sepehrnia verweist auf die Aussage von Abt. 5 zur Frage nach der Lage der internationalen Studierenden im Ausland in der Niederschrift der letzten Sitzung, dass nur 10 Studierende im Ausland festsitzen und teilt mit, dass sie davon ausgehe, dass diese Zahl zu gering sei, da allein aus den beiden großen Hochinzidenzgebieten Indien und Brasilien in der letzten Zeit keine Studierenden einreisen konnten. Sie fragt, welche Anstrengungen unternommen worden seien, um die Lage der im Ausland festsitzenden internationalen Studierenden zu ermitteln. Sie verweist auf die Mitteilung, dass der Beschluss des Akademischen Senats an die Behörde weitergeleitet worden sei und fragt, ob es seitens der Behörde eine Resonanz gegeben habe. Sie fragt zudem, ob es nicht möglich sei, dass die Abteilung Internationales die betreffenden Kommilitonen direkt anschreibt.

Abt. 5 gibt nachträglich zu Protokoll:

Eine Resonanz seitens der Behörde auf den Beschluss des AS ist bisher nicht eingegangen. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass die Lage der internationalen Studierenden schwierig ist und auch nicht allen die pünktliche Einreise zum Wintersemester gelingen wird. Die Wohnsitzangaben in STiNE geben nur begrenzt Auskunft darüber, inwieweit Studierende tatsächlich noch im Ausland festsitzen. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass sich die betroffenen Studierenden in der Regel selbst aus dem Ausland melden. Sie werden vom Campus Center aktiv unterstützt durch Beratung, Präsenzbescheinigungen für die Visabeantragung und Kontaktaufnahmen mit Visastellen. Um einen Studienstart auch aus dem Ausland zu ermöglichen, finden Informationsangebote des Campus Center sowie der Abt.5 wie die PIASTA Welcome Week im Wintersemester ebenso in digitalen Formaten statt.

2.5. Praktische Perspektivgebung (Ausschuss für Lehre & Studium)

Auch der Ausschuss für Lehre und Studium (ALSt) diskutiert immer wieder, die Notwendigkeit, die Universität endlich für die Mitglieder wieder zu öffnen und rationale Regulierungen an die Stelle von allgemeinen Betretungsverboten treten zu lassen. Am 7. Juli 2021 fasst er zwei Beschlüsse, die für diese Arbeit hier exemplarisch dokumentiert werden.

2.5.1. Frischer Wind für die Universität

Antragstellerinnen: Lene Greve, Florian Muhl, Ida Rockenbach, Golnar Sepehrnia. Der ALSt möge beschließen und an die zuständigen Stellen weiterleiten:

Um zu befördern, dass die Lehre im Wintersemester in größtmöglichem Umfang in Präsenz stattfinden kann und die Mitglieder der Universität alle ihre Räume unter guten Bedingungen nutzen können, werden die zuständigen Stellen damit beauftragt, unverzüglich damit zu beginnen, alle Lehrveranstaltungsräume der Universität – insbesondere diejenigen, in denen es aufgrund der baulichen Gegebenheiten keine guten Möglichkeiten zum Stoßlüften gibt – mit ausreichend dimensionierten Belüftung- bzw. Luftreinigungsgeräten auszustatten.
Begründung:
Es ist seit nunmehr einem Jahr bekannt, dass auch Infektionen mit dem (mittlerweile gar nicht mehr so) neuartigen SARS-CoV2-Virus durch Frischluftzufuhr und andere Methoden der Luftreinigung signifikant unwahrscheinlicher gemacht werden können. Vereinzelt sind in der Zwischenzeit von einzelnen Arbeitsbereichen Luftreinigungsgeräte angeschafft worden, doch diese sind unzureichend, um alle Seminarräume damit auszustatten.
Insbesondere weil diese Geräte auch zur allgemeinen Verbesserung der Hygienebedingungen und Allergiker freundlichen Seminarräumen beitragen können, wird es Zeit, dass von Seiten der zentrale Verwaltung Maßnahmen zur Umsetzung dieses naheliegenden Schritts ergriffen werden.

2.5.2. Wissenschaft zum Allgemeinwohl

Beschluss der Sitzung des Ausschusses für Lehre und Studium am 7.7.2021
Antragsteller:innen:
Nadia Abd El Hafez, Lene Greve, Florian Muhl, Ida Rockenbach, Golnar Sepehrnia

Die Freigabe der COVID 19-Impfstoffpatente auf die Agenda setzen
Die Universität Hamburg möchte einen Beitrag zur internationalen Überwindung der Corona- Pandemie leisten. Der Ausschuss für Lehre und Studium der Universität setzt sich daher mit Nachdruck für die wissenschaftliche Erarbeitung der Möglichkeiten einer Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe in Lehre und Forschung ein. Besonderes Potential liegt dabei auch in der verstärkten Kooperation mit den Partnerhochschulen. Der ALSt regt den Akademischen Senat an, dies zu unterstützen.

Begründung:
„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit an.“
(UNO-Menschenrechtsabkommen, Art. 12)
Als Gesellschaft und Wissenschaft haben wir in den letzten 16 Monaten so schnell wie nie zuvor einen Impfstoff entwickelt. Grundlage hierfür waren die wissenschaftlichen Ergebnisse der vergangenen 50 Jahre, von denen ein Großteil nie patentiert wurde; die internationale Kooperation öffentlicher Gesundheitseinrichtungen; die Entdeckung von mRNA Impfstoffen durch die öffentliche kanadische Krebsforschung und die öffentlichen Investitionen in Pharmazeutische Studien inkl. der Übernahme aller wirtschaftlichen Risiken durch die öffentliche Hand.
Als Wissenschaft und Gesellschaft mussten wir allerdings auch erkennen, dass die Privatisierung öffentlicher Innovationen diese lebensverbessernden und lebensrettenden Innovationen für Milliarden Menschen unzugänglich macht. Obwohl die meisten Impfstoffe in öffentlichen Forschungseinrichtungen entwickelt wurden, liegen die Produktionslizenzen bei wenigen gewinnorientierten Konzernen, die bei geringen Produktionsmengen hohe Preise verlangen, statt die weltweit vorhandenen Produktionskapazitäten auszuschöpfen und auszubauen. Durch diese Praxis sind Covid-19 Impfstoffe schon jetzt das profitabelste Medikament in der Geschichte der Menschheit: Auf ihrer Grundlage sind bislang 50 Mrd. US- Dollar Gewinne auf die Konten von 17 Aktionären geflossen.
Die Entwicklung der letzten Monate hat gezeigt, dass eine Pandemie nur international wirksam bekämpft werden kann. Eine vorübergehende Aufhebung der Corona-Patente, wie sie mittlerweile auch von den USA gefordert wird, ist daher die einzig realistische Perspektive für die Überwindung der Pandemie. Die Bundesrepublik darf hier nicht weiter bremsen.

2.6. Kultur eröffnet!

Beschluss zur Durchführung einer Kulturwoche zur Eröffnung des WiSe 2021/22 in der Sitzung des Akademischen Senats am 9. September 2021
(Auszug aus dem Protokoll):

Der Akademische Senat begrüßt die Organisation einer Kulturwoche zu Beginn der Vorlesungszeit und bittet die geschäftsführende Vorsitzende des ALSt, Frau Greve, eine mitgliedergruppenübergreifende Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Mitglieder des Akademischen Senats einzurichten, die die Initiative für das Gelingen der Kulturwoche übernimmt.
Der Akademische Senat folgt dem zuletzt genannten Antrag mit 11 : 1 : 3 Stimmen.

2.7. Die mentale Situation der Studierenden nach 2 Jahren Pandemie

Die Pandemie und vor allem die isolierenden Maßnahmen machen allen zu schaffen; es war und ist in jeder Sitzung des Akademischen Senats Thema. Aber die Schlussfolgerungen daraus sind sehr unterschiedlich. Nach unserer Auffassung ist dringen neu zu beantworten: Was ist eigentlich menschlich angemessen? Denn die langwierige Schließung der Universität bedrückt und bedrängt die meisten, weil der Mensch ein soziales Kulturwesen ist und die kooperative Begegnung mit anderen braucht, um so seine menschliche Potentialität kooperativ zu entwickeln und entfalten. Seltsam dünn sind die bundesweiten Studien über die psychischen Auswirkungen der Universitätsschließungen. Die wenigen, die es gibt, zeigen aber einhellig, dass überall die Bildungserlebnisse, die sozialen Kontakte und – ganz grundlegend – eine Sinngebung für das Studium mehrheitlich vermisst werden – zum Teil schmerzlich. Wir haben daher beantragt, die psychologische Beratung der Universität in den AS einzuladen, damit diese Bericht erstatte.
Hier unser Antrag:

Zur psychologischen Beratung für Studierende

Der Akademische Senat möge beschließen:
Der Akademische Senat bittet um die Beantwortung der aufgeworfenen Fragestellungen und lädt die Mitglieder des Teams 303: Psychologische Beratung zur gemeinsamen Einschätzung der Lage sowie zur Bildung von Perspektiven und Konsequenzen für Beratung sowie für Studium und Lehre in die Januar-Sitzung des Akademischen Senats ein.

Begründung:
„Die Pandemie hat nicht nur Studienpläne durcheinandergeworfen und Hörsäle leergefegt – sie hat auch das soziale Gefüge an den Universitäten zerstört. Die Auswirkungen, die die Kontaktbeschränkungen und die Online-Lehre auf die Freundschaften und Bekanntschaften der Studierenden hatten, werden erst jetzt in ihrem Ausmaß sichtbar. ›Die sozialen Strukturen haben massiv gelitten‹, sagt Wilfried Schumann, vom Psychologischen Beratungsservice der Universität und des Studierendenwerks Oldenburg. Schumann kümmert sich seit mehr als dreißig Jahren um die psychologische Gesundheit von Studierenden. Er sagt, die vergangenen drei Semester hätten nichts zu tun gehabt mit einem regulären Studium. ›Das soziale Miteinander war in diesen Jahrgängen nicht realisierbar.‹“

(Sarah Obertreis, „Kann man Freundschaften nachholen?“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 13.11.2021, S. C 3.)

Dem aktuellen Jahresbericht der Universität Hamburg ist zu entnehmen, dass der psychologische Beratungsbedarf unter den Studierenden in den letzten Jahren (2017-2020) kontinuierlich steigt. Die vergangenen und aktuellen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus führen zu Vereinzelung als Folge von isoliertem Selbststudium und zunehmender Verkümmerung sozialer Strukturen. Die weitgehende Einschränkung des öffentlichen Lebens sowie des Hochschulbetriebs ist ursächlich für zunehmende soziale und studienbezogene Verunsicherung.
Bereits im März 2021 geben 56% der Studierenden laut einer Umfrage der AOK Baden-Württemberg an, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus sie psychisch stark belasten würden. An der Universität Hamburg haben im September 2020 44% der Studierenden Angst vor Vereinsamung. Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Fragestellungen:
1.) Wie ist die aktuelle Auslastung der psychologischen Beratung an der UHH?
2.) Welche Erkenntnisse zur aktuellen psychosozialen Lage der Studierenden lassen sich aus den bisherigen Beratungserfahrungen ziehen?
3.) Welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens ergeben sich für die Beratungstätigkeit, Weiterentwicklung von Studium und Lehre und Universitätskultur?

Eine Beschlussfassung über den Antrag war gar nicht nötig. Die Vertreter:innen der psychologischen Beratung der Universität kamen sofort. Sie berichteten – für manche Mitglieder des AS offenbar schockierend: Über 1.300 Studierende haben in 2021 die Beratung kontaktiert. Die Kapazitäten reichen nicht für eine sorgfältige Beratung; oft nur für ein entlastendes Erstgespräch und eine Vermittlung (an Stellen mit langen Wartezeiten). Ein großer Anteil der Hilfesuchenden zeige alle Anzeichen einer „mittelschweren Depression“. Es seien überwiegend Studierende, die sich unter „normalen“ Bedingungen wahrscheinlich nie in die Situation gekommen sein, die Beratung zu kontaktieren; derzeit würden aber die üblichen „Bewältigungsstrategien“ massenhaft versagen. Viele klagten über Sinnverlust in Studium und weiterem Leben. Es sei zu befürchten, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Studierenden von den Angeboten der Universität gar nicht mehr erreicht würde.
Die anschließende Diskussion erbrachte seitens des Präsidiums immerhin die Selbstverpflichtung, eine zusätzliche Stelle in der Beratung sofort zu schaffen. Ansonsten sahen sich die Mitglieder des AS überwiegend angeregt, ihre Betroffenheit über dieses Desaster auszudrücken, teilweise auch darüber zu sprechen, wie ihnen die Uni-Schließung bzw. der Streß der Pandemiemaßnahmen selbst zu schaffen macht und dann etwas hilflos nach pragmatischen Lösungen zu suchen.
Durch studentisches Zutun wurde allerdings deutlich, dass eine kulturelle Aufrichtung aller Mitglieder und die Neugewinnung der Universität als sozialem Ort der Begegnung und Persönlichkeitsentwicklung gemeinsam höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Die ersten Schritte sind bereits gemacht. Die Kontroverse geht im neuen Jahr auf erhöhter Stufe weiter.


3. Universitäre Demokratie und anscheinende Mängel

Zur Präsidentenfindung

Die akademische Selbstverwaltung, also die demokratische Bestimmung der Mitglieder über die Entwicklung der Universität, ist ein wesentlicher Kampferfolg der studentischen Bewegung der 1960er Jahre. Auf allen Ebenen, vom Fachbereich bis zur Gesamtuniversität, sollten ursprünglich gleichberechtigt Studierende, Mitarbeiter:innen und Professor:innen demokratisch diskutieren und entscheiden. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1973 wurde diese Gleichberechtigung dahingehend zurückgenommen, dass in den meisten Gremien die Professor:innen – obwohl sie die kleinste Mitgliedergruppe der Universität sind – eine Mehrheit haben. Dennoch: Partizipation und Kooperation auf Basis argumentativer Auseinandersetzung sind möglich. Sie muss aber souverän praktiziert und zum Allgemeinen Wohl kontinuierlich erweitert werden. Dies gilt insbesondere, seit die demokratische Mitbestimmung im Zuge des Umbaus der Universitäten zu „unternehmerischen Hochschulen“ in den 2000er Jahren weiter eingeschränkt wurde und zum Beispiel zahlreiche Ausschüsse des Akademischen Senats zugunsten konzentrierter Entscheidungsbefugnisse beim Präsidium abgeschafft wurden.
Umso erfreulicher ist es, dass der Akademische Senat zunehmend wieder als Forum gesamtuniversitärer Debatte und Meinungsbildung aufgefasst wird. Dies gelingt nicht ohne kritische Auseinandersetzung mit den Professor:innen, die zuweilen ihre Überforderung mit grundsätzlichen Entwicklungsfragen hinter dem Prinzip „Mehrheit ist Wahrheit“ zu verbergen suchen. Dies war insbesondere während des Verfahrens zur Findung eines/einer neuen Uni-Präsidenten/in (es hätte auch eine Frau sein können) signifikant.

3.1. „Moderne“ Demokratie:

Akademischer Senat will den künftigen Präsidenten / die Präsidentin vor der „Wahl“ nicht hören

Sitzung des Akademischen Senats am 15. April 2021 (Protokollauszug)
Herr Walther weist darauf hin, dass der von Herrn Günther und ihm eingereichte Antrag auf Aufnahme eines TOPs „Ergänzung der Ausschüsse des Akademischen Senats“ keinen Eingang in die Tagesordnung gefunden habe und spricht sich dafür aus, sich mit den beiden dazugehörigen Beschlussempfehlungen für die Einrichtung eines Ausschusses "Internationales" und eines Ausschusses "Wissenschaftstransfer" im Rahmen eines TOPs „Mitwirkung des Akademischen Senats an den Angelegenheiten Internationales und Wissenschaftstransfer“ zu befassen.
Der Präsident weist darauf hin, dass der Antrag - wie von Herrn Drexler in seiner rechtlichen Einschätzung ausgeführt - nicht in die Tagesordnung aufgenommen werden könne, da die dem Antrag zugrundeliegenden Gegenstande nicht dem Kompetenzbereich des Akademischen Senats zugewiesen seien.
(…) Prof. Dr. Schnapp stellt den Antrag zur Geschäftsordnung, die Debatte zu beenden und jetzt über die vorgelegte Tagesordnung abzustimmen.
Frau Horn widerspricht diesem Antrag und beantragt, den Mitgliedern des Akademischen Senats, die auf der Redeliste stehen, noch die Möglichkeit zu geben, ihren Redebeitrag zu leisten. Sie kündigt an, noch einen weiteren Antrag einbringen zu wollen, der die Aufnahme eines TOPS „Anhörung der Kandidat*innen für das Amt des zukünftigen Präsidenten / der zukünftigen Präsidentin der Universität Hamburg“ betreffe.
(…) Frau Horn beantragt die Aufnahme eines weiteren TOPS „Anhörung der Kandidat*innen für das Amt des zukünftigen Präsidenten / der zukünftigen Präsidentin der Universität Hamburg“ ungeachtet der Einschätzung von Herrn Drexler, dass der dem Antrag zugrundeliegende Gegen- stand nicht dem Kompetenzbereich des Akademischen Senats zugewiesen sei.
Prof. Dr. Behrens weist darauf hin, dass der Akademische Senat eben beschlossen habe, die Debatte zu beenden und über die Tagesordnung abzustimmen und stellt einen weiteren Antrag zur Geschäftsordnung, jetzt über die Tagesordnung abzustimmen. Er stellt klar, dass Herr Walther die Umsetzung dieses Beschlusses nicht durch lautes Hereinrufen verhindern dürfe.
Der Präsident dankt für den Hinweis und stellt die vorgelegte Tagesordnung zur Abstimmung. Der Akademische Senat beschließt mit 12 : 4 : 0 Stimmen die vorgelegte Tagesordnung.

3.2. Zweite Übung: Vielleicht will der Akademische Senat den künftigen Präsidenten doch anhören

Debatte und Antrag zum Verfahren der Präsidentenfindung am 10. Juni 2021 (Auszug aus dem Protokoll):
Herr Walther bittet um Auskunft darüber, wie weit das Findungsverfahrens bereits fortgeschritten sei und nach welchen Kriterien vorgegangen werde. Er spricht sich dafür aus, dass im Akademischen Senat die Kriterien erörtert und über die Kandidierenden gesprochen werde. Er schlägt vor, in der nächsten Sitzung über die Umsetzung dieses Vorschlags zu sprechen.
Prof. Dr. Felix, Mitglied der Findungskommission, teilt mit, dass das Verfahren bereits relativ weit fortgeschritten sei, die Kandidierenden in absehbarer Zeit von der Kommission angehört werden und es im Anschluss einen Vorschlag geben werde, der dem Akademischen Senat vorgestellt werde. Es seien im Vorwege ausführliche Gespräche auch mit Vertreter/innen des Akademischen Senats geführt worden. Alle Fragen seien zu einem Fragenkatalog zusammengefasst worden. Prof. Dr. Felix sagt zu, die Kommission über das Ersuchen von Herrn Walther zu informieren.
Prof. Dr. Burger regt an, sich noch einmal mit den rechtlichen Voraussetzungen dafür zu befassen, ggf. doch eine Anhörung im Akademischen Senat durchzuführen.

3.3. Dritte Übung: Hearing zur Präsidenten-„Wahl“

Nachfolgend das Flugblatt des BAE! vom 23. Oktober 2021, mit dem wir unsere programmatischen Maßstäbe für unsere eigene Arbeit im AS mit Erwartungen an eine künftige Hochschulleitung verbunden haben. Damit haben wir zur Teilnahme am erkämpften hochschul-öffentlichen Hearing des von der Findungskommission vorgeschlagenen Präsidentschaftskandidaten Prof. Hauke Heekeren. An dem „hybriden“ Hearing im Audimax nahmen in Präsenz über 300 Mitglieder und im digitalen Raum weitere 1.000 Mitglieder teil. Angesichts dessen, dass das Hearing sehr kurzfristig und fast nur durch uns bekannt gemacht wurde, war schon diese Beteiligung eine Manifestation für die demokratische Mitgliederuniversität.

Eine neue Universitäts-Leitung Die Herausforderung kooperativen Wirkens

Ein neu zu findender Uni-Präsident bzw. eine Uni-Präsidentin kann nicht besser sein, als die Entwicklung der gewordenen Gemeinschaft Universität. Schlechteres wollen wir nicht hoffen.
Was macht die Universität Hamburg positiv aus?
Mit Bezug auf ihre wechselvolle Geschichte – zwischen Werten der Aufklärung und Kontinuität des Kolonialinstituts, zwischen demokratischer Gründung und Voraus- eilen in die Nazi-Zeit – ist in der Grundordnung formuliert „zum Schutz und zur Verwirklichung wissenschaftlicher Freiheit, zur Mitgestaltung eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates und einer friedlichen und menschenwürdigen Welt, zur Verwirklichung des Rechtes auf Bildung, zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Würdigung kultureller Vielfalt [beizutragen]. Die Universität orientiert sich an den Grundsätzen einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung. Der Forschung, der Lehre und der Bildung gewidmet, sind die Universität und ihre Fakultäten aufgerufen, den Zusammenhang der Universität zu wahren und die wissenschaftliche Zusammenarbeit auch über Fächergrenzen hinweg und im internationalen Austausch zu pflegen.“
Dazu gehört das tätige Erinnern an die Reichspogromnacht, in der nahe der Universität Synagogen geschändet und Menschen terrorisiert wurden. Das ist genauso bedeutsam wie das Lernen aus dem Widerstand der Weißen Rose, deren „Hamburger Zweig“ in eine menschenwürdige Zukunft wies und weist: Humanität überwindet die Gewalt. In der Welthafenstadt Hamburg, wo seit Jahrhunderten von weltweiter Ausbeutung profitiert wird, ist die Bevölkerung und ihre Universität mitverantwortlich, ein gerechtes Zusammenleben auf diesem Planeten zu schaffen. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU!) weist aktuell darauf hin: „Über 800 Millionen Menschen leiden Hunger. Am Welternährungstag verhungern 15.000 Kinder, so wie an jedem anderen Tag. Das ist ein unglaublicher Skandal. Die Erde verfügt über genug Ressourcen, alle zu ernähren.“ Kriege, Klimawandel und extreme Ungleichheit seien ursächlich und zu beenden. Die Vereinten Nationen fordern eine weltweite Investitionsoffensive neuer Art, die „eine Entwicklung, die den durch die Klimaauswirkungen verursachten Schaden minimiert und gleichzeitig die zahlreichen Chancen für die menschliche Entwicklung maximiert.“ Der links-sozialdemokratische UN-Generalsekretär António Guterres problematisiert, dass das System, in dem wir leben, den gerechten Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen verhindert und darum rund 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen weltweit an einer psychischen Erkrankung leiden, mit Suizid als zweithäufigster Todesursache bei den 15- bis 29-Jährigen.
Für uns alle gilt: Heilung, Hoffnung und eine erfreuliche Zukunft benötigen wissenschaftliche Erkenntnisse und engagierte, mündige, konfliktfähige, solidarische Menschen. Wir alle schaffen die Verhältnisse, in denen wir leben. Darum verlangt die Widmung der Universität an ihrem Portal – „Der Forschung, der Lehre und der Bildung“ – eine gegenwärtige Bestimmung. Sie sollte in der Neugewichtung der Bildung bestehen, denn der wesentliche Transfer von lebensbejahen- der Wissenschaft in die Gesellschaft entsteht durch gebildete Menschen, die – auch gegen geldmächtige Gegenwehr – eine bessere Welt schaffen.
Dem steht der Hype um die Forschungs-Exzellenz entgegen, genauso wie alle Rankings, Wettbewerbe, Kennziffern, Kreditpunkte und Leistungsnormen, die die Universität und ihre Mitglieder auf inhalts- lose, aber marktkonforme Referenzen festlegen, anstatt die Uni mit positiver gesellschaftlicher Wirkung sozial und kulturell zu öffnen bzw. zu entwickeln.
Eine Entwicklung der Universität, die den Herausforderungen der Zeit entspricht, ist eine immens politische Aufgabe kooperativer Kultivierung und sozialer Kämpfe. Sie sind gegen allerhand Bescheidenheitsgebote zu führen - zum Beispiel: Nach der Pandemiekrise sei der Gürtel noch enger zu schnallen (nicht für die Reichsten). Der Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) meint, die Haushaltslage verordne Kürzungen besonders im Personalbereich und beim öffentlichen Raumbedarf – also gerade dort, wo bereits vor der Pandemie der Mangel unerträglich war, nicht nur an der Universität
Die Universität Hamburg opponiert aus gutem Grunde seit ihrer Einführung gegen die Schuldenbremse: Für eine „Universität der Nachhaltigkeit“ befreit von Mangel. So ist umrissen, wofür und wie sich bereits zahlreiche Mitglieder der Universität einsetzen. Ein neuer Präsident/eine neue Präsidentin sollte sich daran inspirierend, initiativ, kooperativ und repräsentativ beteiligen. Lieber gut und gerecht als glatt und glänzend.

Das Verfahren

Die Wahl des Präsidenten/der Präsidentin durch ein repräsentatives Gremium sollte eigentlich eine demokratische Selbstverständlichkeit sein. Zwischen 1969 und 2004 war dies das Recht des Universitätskonzils bzw. „Großen Senats“ der Universität, in dem alle Mitgliedergruppen (Profs, akademisches Personal, Technisches-, Verwaltungs- und Bibliothekspersonal sowie Studierende) vertreten waren. Zwischen 1969 und 1973 war dabei sogar eine Parität dieser Gruppen hergestellt: die Professor:innen hatten keine Mehrheit. Seit der neoliberalen Hochschul-Deform 2004 kann man von einer demokratischen Wahl nicht mehr sprechen. Ein exklusives Gremium, uüberwiegend professoral besetzt sucht – geheim und mit Hilfe eines Headhunters – einen Kandidaten/eine Kandidatin und darf dem Akademischen Senat eine einzige Person vorschlagen. Der Akademische Senat darf nur Ja oder Nein sagen. Öffentlichkeit schafft Demokratie!

Der Kandidat

Prof. Dr. Hauke Heekeren ist derzeit Vizepräsident der Freien Universität Berlin. Er stellte sich schriftlich wie folgt vor:
„Als Arzt, Neurowissenschaftler mit einer hohen wissenschaftlichen Re- putation und Hochschulmanager mit einem großen nationalen und interna tionalen Netzwerk habe ich langjährige Erfahrung in der Leitung interdisziplinärer Verbundprojekte und in der Führung größerer Einheiten in Exzellenzkontexten. Mein wissenschaftliches Interesse gilt der neurowissen- schaftlichen Entscheidungsforschung. An der Schnittstelle von Wirtschaftswissenschaft, Psychologie und Neurowissenschaft erforsche ich, wie wir Menschen Entscheidungen treffen und welche Hirnmechanismen dabei eine Rolle spielen.”

3.4. Im Ergebnis: Die wachsende Verantwortung begrüßen

Das Hearing des Präsidentenkandidaten brachte wenig Aufschluss über den Kandidaten, der vor allem durch bemühte Gefälligkeit auffiel.
Hingegen wurden die vielfältigen Ambitionen und Ansprüche des AS-Mitglieder und der anwesenden Uni-Öffentlichkeit sehr deutlich: Eine solidarische Strategie für den Kampf um ausreichende staatliche Finanzierung und für den Austritt aus dem Hamsterrad der ewigen Wettbewerbe („Exzellenz!“), eine Stärkung der wissenschaftlichen Vielfalt („kleine Fächer“), eine Akzentuierung der Bildungsaufgabe der Universität gegenüber neuer Forschungslastigkeit, ein humanistisches Menschenbild und Bildungsverständnis für eine sinnvolle Studienreform, eine weniger auf Reputation als auf solidarische Internationalität gerichtete Weltoffenheit, ein fundiertes Ethos für die (Grundlagen-)Forschung, ein verantwortlicher Begriff von Wissenschaftsfreiheit im Ensemble der Grundrechte (s.u.) sowie wünschenswert egalitäre Freude an Disput und Kooperation mit den verschieden Mitgliedern und Gruppen der Universität und ein kollegiales Verständnis gegenüber nicht-professoralen Beschäftigten – dies alles sind berechtigte und begründete Ansprüche an den neuen Präsidenten, aber auch an die künftige kooperative Entwicklung der Universität.
Nahezu allen AS-Mitgliedern ist aufgefallen, dass, daran gemessen, der neue Präsident nicht voll überzeugen kann. Die meisten sahen sich dennoch mangels Alternative und in der Hoffnung, zügig eine neue, verantwortliche und kooperative Leitung zu erhalten, gehalten, für den Kandidaten zu stimmen. Das hat sicher auch damit zu tun, dass vor allem die Professor:innen erheblich Anteil daran hatten, die Vorauswahl so undemokratisch wie möglich zu gestalten.
Herr Prof. Heekeren wurde mit 16:2:1 gewählt. Er tritt zum SoSe 2022 sein Amt an. Wie es weitergeht, hängt davon ab, dass alle Mitglieder der Uni und besonders jene im AS erkennen, dass die gemeinsame Verantwortung wächst – und dies zu begrüßen ist.


4. Völlig losgelöst?

Oder: Von Bedrängnis und Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit

Bereits im Sommer 2020 wurde eine Kommission zur Erarbeitung eines „Kodex Wissenschaftsfreiheit“ für die Universität einberufen.
Dies hat konkrete Ursachen und entspricht zugleich internationalen Debatte um Bedingungen, Begründungen und Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit. Ein Anlass war, die mangelnde Souveränität der Universität bei dem erwartbaren Protest von Studierenden gegen die Wiederkehr des AfD-Gründers Bernd Lucke an seine Professur in den Wirtschaftswissenschaften, nachdem dieser sein Mandat im EU-Parlament eingebüßt hatte. Auch war einer Juniorprofessorin der Afrikanistik aus dem Bundeskanzleramt (!) mit Einschüchterungen begegnet worden, als sie kolonialkritische Aufklärungsarbeit in Bezug auf die deutsche Geschichte veröffentlichte. Andere exemplarische Fragestellungen waren: Inwiefern darf sich (historische) Forschung von erwiesenen Tatsachen lösen? Ist eine „Zivilklausel“ – also eine universitäre Selbstverpflichtung zur Friedensorientierung – bereits eine Freiheitseinschränkung? Kann Wissenschaft frei sein, solange sie in Abhängigkeit von wettbewerbsmäßig verteilten Drittmitteln und privatem Sponsoring steht? Und: Wie wirkt sich eigentlich die lange Schließung der Universitäten – und damit die Auflösung der Einheit von Lehre, Studium und Forschung – im Gefolge der Pandemie auf die Wissenschaftsfreiheit aus?
Die Kommission, der nur ein Student angehörte, hat sehr streitbar anhand dieser Exempel einen Kodex entwickelt. Entstanden ist ein Kompromiss, der in Bälde als „Kodex Wissenschaftsfreiheit“ auf der Homepage der Universität nachzulesen sein soll. Die professorale Mehrheit in der Kommission beharrte vorwiegend darauf, „Wissenschaftsfreiheit“ als (individuelles) Schutz- und Abwehrrecht zu verstehen, anstatt als Ermöglichung, durch Wissenschaft am Gelingen einer Gesellschaft mitzuwirken, in der Artikel 1 des Grundgesetzes - „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - umfassend verwirklicht ist. Aus dem Text spricht eine erstaunliche Selbstbezüglichkeit der Hüter und Hüterinnen des Wissens, die zudem in kein rationales Verhältnis zu z.B. der verständlichen Furcht von Studierenden in sehr hierarchischen Lehr-/Lernverhältnissen gesetzt wird.
Dennoch gelang es, die Zivilklausel als legitimes Mittel der Selbstverpflichtung zu erkennen, die Bedeutung der Studierenden und ihrer (wissenschaftlichen) Positionen und (kritischen) Meinungsäußerungen zu akzentuieren, Wissenschaft als Teil gesellschaftlicher Auseinandersetzungen zu erfassen sowie die Erwartung zu formulieren, dass wissenschaftliche Positionen transparent zu begründen sind, der (öffentlichen) Kritik unterliegen und auf ihre gesellschaftlichen (Aus-)Wirkungen verantwortungsvoll zu überprüfen sind. Positiv bemerkenswert ist, dass die Kommission zu dem Schluss kommt, dass – selbst unter Mangelbedingungen – die Mittelverteilung in der Universität die Pluralität und kritische Erneuerung der Wissenschaften begünstigen anstatt behindern muss.

4.1. In Einheit: Freiheit - Gleichheit - Solidarität

Wir haben einen anderen, positiven Begriff von Freiheit
(Flugblatt des BAE! vom 1. Juni 2021):

Die Perspektive der Grundrechte Eine praktische Anregung

„Das Grundgesetz hatte am Sonntag Geburtstag. Es wurde 72 Jahre alt. Es ist dies kein rundes, es ist ein wundes Jubiläum; das zweite in Corona-Zeiten. Es ist ein Jubiläum in einem Jahr, das damit begann, dass die Kanzlerin Grundrechte als ›Privilegien‹ bezeichnete. (…) Der Grundrechte-Report prangert zu Recht an, dass und wie die Anbieter von Telekommunikationsdiensten gesetzlich zu Erfüllungsgehilfen von Geheimdiensten gemacht werden sollen - indem sie verpflichtet werden, bei der Installation der Spähsoftware mitzuwirken: Mit einem Update beispielsweise, das ein Nutzer oder eine Nutzerin installiert, wird der Staatstrojaner eingeschleust. (…) Bei den Terroranschlägen hatte man trotz aller Terrorangst noch das Gefühl, dass man nicht selbst Opfer werden würde. Bei und mit Corona hat sich das geändert. Das hat die Menschen empfänglich und verführbar gemacht für fast jedwedes Versprechen von mehr Lebensschutz und Sicherheit. (…) Da ist das Bundesverfassungsgericht gefordert. (…) Verwanzte Gesetze sind kein schönes Geschenk zum Grundgesetzgeburtstag.“

(Heribert Prantl, „Kein rundes, ein wundes Jubiläum: Zum 72. des Grundgesetzes“, „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 23.5.2021.)

„SPIEGEL: In der Nachkriegszeit lagen die Firmensteuern [in den USA] zeitweise bei 50 Prozent und mehr. Wird es dazu noch einmal kommen?
Zucman: Das ist ein mögliches Szenario. Das andere ist, dass der Steuerwettlauf so weitergeht wie bisher. Dann würden langfristig die Unternehmenssteuern genauso verschwinden wie die Einkommenssteuer – und damit die finanzielle Basis für eine gerechte Gesellschaft.“

Der Ökonomie-Professor Gabriel Zucman (Berkeley, USA/Kalifornien) im „SPIEGEL-Interview“, „SPIEGEL“ Nr. 22/29.5.2021, S. 64-65, hier S. 65.

„Schuldenbremse heilig - oder nicht? Die eigentliche Frage ist eher: wie sich trotz Schuldenbremse sehr viel mehr öffentliche Investitionen in Ladeinfrastruktur, Wasserstoffleitungen, Schulen, Bahnstrecken und etliche andere ermöglichen lassen. Dass es lohnt, dazu Kredite aufzunehmen, dafür spricht schon die simple Logik, wonach die beste Voraussetzung fürs Schuldentilgen ist, eine leistungsfähige Wirtschaft und viele Beschäftigte zu haben, die dann Steuern zahlen können.“

Thomas Fricke, „Wichtigere Wahlkampfthemen / Jenseits von Gendersternchen und Kurzstreckenflug“, „SPIEGELONLINE“, 28.5.2021.

„Da, wo die Spekulation aufhört, beim wirklichen Leben, beginnt also die wirkliche Wissenschaft, die Darstellung der praktischen Betätigung, des praktischen Entwicklungsprozesses der Menschen. Die Phrasen vom Bewußtsein hören auf, wirkliches Wissen muß an ihre Stelle treten.“

Karl Marx/Friedrich Engels, „Die deutsche Ideologie“ (1846), Marx-Engels-Werke (MEW), Band 3, S.27.

Die wirkliche Wissenschaft ist problemlösungs- orientiert, stellt sich und anderen Fragen, sucht gemeinsam nach Antworten, entwickelt sich in Kooperation und Konflikt, schaut genau, entscheidet sich, macht den Mund auf, regt an, korrigiert oder präzisiert sich und macht weiter – auf erweiterten Stufenleitern immer wieder neu. Zugegeben: Ein Ideal.
So könnte und sollte es auch im gesamten Leben vor sich gehen: In der Politik, der Verwaltung, in Kunst und Kultur, in der Bildung allgemein sowieso, in der Juristerei, im Alltag und individuell mit anderen gemeinsam.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, beschlossen vom Parlamentarischen Rat am 23. Mai 1949, faßt in Artikel 20 unter anderem die Gesellschaft als demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Darüber hinaus verpflichte das Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit (Artikel 14, Satz 2). Enteignungen sind möglich (Satz 3 und Artikel 15).
Die Präambel beinhaltet ein Friedensgebot, am Anfang der Grundrechte steht normativ die Würde des Menschen. Die Gleichheit vor dem Gesetz, die Entfaltung der Persönlichkeit, die Freiheit der Meinung, der Medien, der Kunst und der Wissenschaft, die Freiheit, sich zu assoziieren, die Berufsfreiheit sowie die Bewegungsfreiheit sind grundrechtlich garantiert.
Dem widersprechen und widerstehen – juristisch und praktisch - nicht nur die Artikel 109 und 115 des Grundgesetzes zur „Schuldenbremse“. Gegen die grundrechtliche Agenda stehen ebenso der fortgesetzte Lockdown mit seiner allseitigen Reduzierung der Gesellschaft und der Bevölkerung.
Gleichfalls grundrechtsfern ist die soziale Ungleichheit, das Betreiben von Angriffskriegen, die Rüstungsexporte (meist in Krisengebiete), die Umweltpolitik (z.B. bezüglich des Klimas), die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, die mangelhafte Entwicklung von Gesundheit, Bildung, Sozialem und Kultur sowie die häufige politische Defensivität gegenüber rechtsextremen Kräften.
Auch die zunehmende Überwachungstätigkeit des Staates entspricht nicht den Schlußfolgerungen aus der Geschichte.
Da ist also viel zu tun, um die Praxis bzw. die Entwicklung der Gesellschaft mit den historischen Anforderungen des Grundgesetzes in Stimmigkeit und Einklang zu bringen. Dafür bedarf es nicht zuletzt einer Wiederöffnung der Gesellschaft – auch der Hochschulen! -, an der sich Alle beteiligen können. Ein besseres Leben ist immer richtig und möglich. Das ist zu entscheiden.

4.2. Wie die Wissenschaftsfreiheit weiter diskutiert werden könnte

In der Sitzung vom 25. November 2021 nimmt der Akademische Senat den von einem eigens eingerichteten Ausschuss erarbeiteten „Kodex zum Schutz der wissen­schaftlichen Freiheit“ zustimmend zur Kenntnis.
(Auszug aus dem Protokoll):
(…) Der Präsident teilt mit, dass sich die Universitätskammer bereits mit dem Kodex beschäftigt habe und das Dokument dort auf viel Zustimmung getroffen sei.
Er schlägt vor, die Arbeitsgruppe in einem nächsten Schritt darum zu bitten, für die aufgeführten Thesen eine Reihe von Beispielen zu benennen.
Er weist drauf hin, dass die UHH vermutlich die erste Universität sei, die sich einen derartigen Kodex gebe und schlägt vor, den Kodex zu veröffentlichen, auch über die Universität hinaus.
(…) Der Akademische Senat diskutiert über das vorliegende Dokument und beschäftigt sich dabei insbesondere mit den Fragen, wie die Universität auf der Basis des nun vorliegenden Kodex mit dem Fall Lucke umgegangen wäre, wie die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit durch Ressourcenzuweisung von staatlicher oder privater Seite aus zu bewerten sei und wie der zunehmende Meinungsdruck in der Diskussionskultur in diesem Zusammenhang einzuschätzen sei.
Prof. Dr. Behrens stellt klar, dass der Konflikt zwischen der Freiheit und der Verantwortung und den moralischen Vorstellungen gesellschaftlicher Strömungen eine zentrale Konstante im Diskussionsprozess über das Thema Wissenschaftsfreiheit sei.
Frau Sepehrnia regt an, sich sowohl in den Fakultäten als auch gesamtuniversitär im Rahmen von bestimmten Veranstaltungen mit dem Kodex auseinanderzusetzen.
Der Präsident schlägt vor, einen zentralen Dies Academicus als Ausgangspunkt für den Diskussionsprozess zu diesem Thema an verschiedenen Stellen zu veranstalten.
(…) Der Präsident dankt allen Mitgliedern der Kommission für die geleistete Arbeit. Er schlägt vor, sich nach einiger Zeit wieder mit dem Thema zu beschäftigen.
Der Akademische Senat nimmt den Kodex Wissenschaftsfreiheit zustimmend zur Kenntnis.“ Auf Vorschlag von Herrn Walther.


5. Hochschulfinanzierung

5.1. Hochschulvereinbarung im Ergebnis ungeeignet

Beschluss des Akademischen Senats vom 20. Januar 2021 gegen die
mangelhaften Finanzierungszusagen der Landesregierung
(Auszug aus dem Protokoll):

Der Akademische Senat beschließt mit 15 : 0 : 0 Stimmen den folgenden ersten Entwurf einer Stellungnahme zum Entwurf eines Hamburger Zukunftsvertrages für die UHH und bittet den APH, den Entwurf zu überarbeiten:
Der AS hält das bisherige Ergebnis der Verhandlungen zu der Hochschulvereinbarung (HV) nicht für geeignet, die gesellschaftlichen Aufgaben der Universität adäquat zu finanzieren und wahrzunehmen. Er fordert die Buürgerschaft und den Senat auf, die vom AS in seiner Stellungnahme zur Hochschulfinanzierung vom Dezember 2020 artikulierten Bedarfe zu berücksichtigen und lädt die Senatorin erneut ein. Bis Verbesserungen in den Verhandlungen erreicht sind, möge das Präsidium keine HV unterzeichnen. Wir wollen dafür mit den anderen Hochschulen zusammenarbeiten. Etwaige Zusatzzusagen müssen, falls sie nötig sind, schriftlich vorliegen, bevor eine HV unterzeichnet werden kann. Der Punkt C.4 ist so klarzustellen, dass Drittmittel nicht für die Erfüllung der Grundaufgaben erforderlich sind. Die bereits umgesetzte Lehrerbildungsreform muss entsprechend den Zielsetzungen in der Drucksache vollständig
finanziert werden. Der AS behält sich eine weitergehende Stellungnahme über diese erste Positionierung hinaus vor.
Der Präsident kündigt an, auf die Senatorin zuzugehen und sie zu einer Sondersitzung oder in die nächste Sitzung des Akademischen Senats einzuladen.
Der Akademische Senat stimmt dem vorgeschlagenen Vorgehen zu.

5.2. Erweiterte Stellungnahme zum Hochschulvertrag

Beschluss des Akademischen Senats zur Hochschulfinanzierung vom 11. Februar 2021
(Auszug aus dem Protokoll):

Herr Petersen, Mitglied des APH, erläutert den vom APH erarbeiteten Entwurf einer erweiterten Stellungnahme zum Zukunftsvertrag.
Der Akademische Senat beschließt mit 12 : 1 : 3 Stimmen den vom APH
erarbeiteten Entwurf einer erweiterten Stellungnahme zum Zukunftsvertrag:
Der Akademische Senat hat auf seiner Sitzung am 14. Januar 2021 das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der BFWGB und dem Präsidium der Universität für einen „Hamburger Zukunftsvertrag“ kritisch bewertet und die Wissenschaftssenatorin für ein Gespräch über notwendige Verbesserungen der finanziellen Ausstattung der Universität in den Senat eingeladen.
Der Akademische Senat sieht es als Ausdruck der Wertschätzung der Wissenschaften und der demokratischen Gremien der Hochschule, dass die Senatorin dieser Einladung zeitnah gefolgt ist und sich auf einer Sondersitzung am 22. Januar einer offenen und respektvollen Debatte gestellt hat.
Im Ergebnis dieser gemeinsamen Diskussion hat der Akademische Senat entschieden, den „Hamburger Zukunftsvertrag“ zur Kenntnis zu nehmen.
Zugleich hat der Akademische Senat deutlich gemacht und bekräftigt hiermit, dass die dort gefassten Zusagen des Senats der FHH nicht geeignet sind, die gesellschaftlichen Aufgaben der Universität Hamburg adäquat zu finanzieren und wahrzunehmen. Zwar ist mit dem zukünftigen Ausgleich der Teuerungsrate bis zu zwei Prozent eine erhebliche und notwendige Verbesserung gegenüber den Vorjahren gelungen, jedoch belastet das in dieser Zeit aufgelaufene strukturelle Defizit die Hochschulen nach wie vor erheblich. Für zusätzliche Aufgaben, welche der Hochschule aufgetragen sind und die sie gerne wahrnehmen möchte, fehlt eine Gegenfinanzierung. Der Akademische Senat fordert die Bürgerschaft und den Senat daher auf, die von ihm in seiner Stellungnahme zur Hochschulfinanzierung vom Dezember 2020 artikulierten Bedarfe in der zukünftigen Budgetpolitik zu berücksichtigen.
Der Akademische Senat begrüßt es daher ausdrücklich, dass die Senatorin Fegebank eine unzureichende finanzielle Ausstattung der Hochschulen wahrnimmt und angeboten hat, sich gemeinsam mit den Hochschulen in den kommenden Jahren aufgabenbezogen für eine erhebliche Verbesserung der Hochschulbudgets einzusetzen. Die Universität nimmt dieses Angebot gerne an! Wir wollen dafür mit den anderen Hochschulen zusammenarbeiten und uns mit anderen Bereichen der Bildung, des Gesundheitswesens und der Kultur zusammenschließen.
Eine Verbesserung der Grundbudgetierung der Hochschulen ist trotz und gerade wegen der aktuellen Krise vertretbar, erforderlich und angemessen. Wissenschaft ist ein entscheidender Motor für jegliche gesellschaftliche Entwicklung. Sie trägt zur Entwicklung von Impfstoffen, Be- handlungsmethoden und Fortschritten in der Struktur und Organisation des Gesundheitswesens bei. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Klimakrise und für soziale Verbesserungen. Sie wirkt der sozialen Ungleichheit im Bildungswesen entgegen, ist selbst Bildungseinrichtung und damit Teil der Konstituierung einer aufgeklärten demokratischen Gesellschaft mit einer mündigen Bevölkerung. Sie bildet Erkenntnisse für die Verbesserung der Produktivität der Arbeit und der Humanisierung der Arbeitsbedingungen. Die Universität Hamburg ist damit ihrerseits ein produktiver (und kein rein konsumtiver) Teil der Gesellschaft und zeigt gerade in der Krise ihre besondere Bedeutung. Das bedarf der adäquaten Finanzierung.

5.3. Perspektiven für wissenschaftliche Mitarbeiter:innen schaffen!

Ein weiterer Beschluss zur Mittelverwendung in der Universität wird vom Akademischen Senat in der Sitzung am 11. Februar 2021 gefasst. Es geht dabei darum, unbefristete gegenüber befristeten Stellen in der Lehre bevorzugt zu behandeln, um der Prekarität von in der Lehre Beschäftigten Wissenschaftler:innen entgegenzuwirken:

Der Akademische Senat beschießt mit 14 : 0 : 2 Stimmen:

Der Akademische Senat fordert das erweiterte Präsidium auf, die Mittel aus dem Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken vorwiegend für entfristete Stellen beim Lehrpersonal zu nutzen und daher aus diesen Mitteln finanzierte Wissenschaftliche Mitarbeiterstellen oder Professuren unbefristet zu besetzen. Das Präsidium berichtet dem Akademische Senat jährlich über die Anzahl der aus diesen Mitteln finanzierten Wissenschaftlichen Mitarbeiterstellen und Professuren (differenziert nach Fakultäten und Zentralen Einheiten, befristet/unbefristet, Köpfe/VZÄ und nach HmbHG § 28 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Sonstige, Abs. 3 maL bzw. W1, W2, W3).

5.4. To be continued

Der Konflikt mit der Landesregierung und der Bürgerschaft um eine ausreichende Finanzierung der öffentlichen Bereiche, einschließlich der Hochschulen, dauert an. Bereits gegebene Finanzierungszusagen (z.B. in Bezug auf die Reform der Lehrer:innenbildung oder für die Holzwissenschaften) werden nicht eingehalten oder zurückgenommen; Fächer sind bedroht; die sog. Betreuungsrelationen in der Lehre sollen erneut verschlechtert werden – weil anders angeblich die Auswirkungen der Pandemiekrise nicht zu finanzieren wären. Diese und ähnliche Behauptungen seitens der Regierenden sind ziemlich schräge, denn Möglichkeiten der auskömmlichen Finanzierung von Bildung, Kultur, Wissenschaft, Gesundheit, Sozialem u.v.m. sind durchaus gegeben. Ein Blick auf die Schulden- und Vermögensuhr vor unserer Universität, mit der das rasante Wachstum des privaten Reichtums der reichsten 10% der Bevölkerung demonstrativ verbucht wird, reicht aus, um zu erkennen: wir brauchen keine Schuldenbremse, sondern eine Vermögensbremse. Anständige Steuern auf große Vermögen, Erbschaften und Kapitalerträge könnten ein Anfang sein.
Wer sich in diesem Sinne engagieren für die Befreiung des menschlichen Lebens und die Entfesselung gesellschaftlicher Kreativität und Produktivität auf Grundlage von staatlichen Investitionen engagieren möchte, schaut am besten mal hier vorbei:
https://schluss-mit-austeritaet.de/