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Arme „Elite“!
Reaktionäres Jammern
„Die Wirtschaft steht vor immer mehr Schwierigkeiten. Der Albtraum sieht so aus: hohe Inflation, teure Energie, schwächelnde Wettbewerbsfähigkeit, lähmende Bürokratie, gedämpfte Konjunkturerwartungen, Fachkräftemangel, Wohlstandsverlust. Im F.A.Z.-Elitepanel glauben die meisten Topmanager und Unternehmer, >dass Deutschland seinen Zenit überschritten hat<. Mal sehen, was sie sagen, wenn ihre Angestellten jetzt auch noch eine Mittagsruhe fordern. Erst der >kollektive Freizeitpark<, dann die >spätrömische Dekadenz<, nun auch noch >südlicher Stillstand
<?“}
{{{{Alfons Kaiser, „Die Siesta ist nur ein Traum“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 22.7.´23, S. 1 (Leitkommentar).}}}}
Mit Humor
{„Es hat etwas von Realsatire. Da hat das Elite-Meinungsforschungsinstitut Allensbach im Auftrag von Elitezeitungen die Elite Deutschlands gefragt, was diese so vom Zustand Deutschlands hält. Worauf die Führungsleute aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung mehrheitlich geantwortet haben, dass es um Deutschland nicht gut stehe – und das Land, uh, »seinen Zenit überschritten« habe.(…) Die Analogie vom überschrittenen Zenit hat etwas Bizarres, weil sie ein Verständnis von Erfolg oder Nichterfolg eines Landes spiegelt, das irgendwie auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie reduziert scheint. Was gleichzeitig heißt, dass es wichtig ist, bloß niedrige Arbeits- und Energiekosten zu haben. Wenig Bürokratie. Einfach alles, was die Wirtschaft gut findet.
Nach dem alt-liberalen Motto: Wenn’s der Wirtschaft gut geht, geht’s dem Menschen gut. (…) Ähnliches gilt, wenn als ein Grund für den angeblichen Abstieg staatliche Eingriffe wie etwa der Mindestlohn genannt werden. Als hätte es nicht in der Zwischenzeit etliche Studien gegeben, die zeigen, dass ein Mindestlohn ökonomisch sinnvoll und nötig ist, um Kräfteschieflagen am Arbeitsmarkt zu beheben. Der Befund hat es in sich. Wenn das stimmt, ist es für die wirtschaftliche Zukunft und gesellschaftliche Stabilität des Landes ein gutes und kein schlechtes Zeichen, einen
Mindestlohn zu haben. Dann ist eher die Frage, ob der nicht dafür noch zu niedrig ist.“}
{{{{Thomas Fricke, „Deutsche Lust am Abstieg/Die Elite ist unzufrieden mit sich selbst“, „SPIEGELONLINE“, 21.7.´23.}}}}
Eine Überlegung wert
{„Nichts, wenn man es überlegt, kann dazu verlocken, in einem Wettrennen der erste sein zu wollen. Der Ruhm, als der beste Reiter eines Landes anerkannt zu werden, freut beim Losgehn das Orchester zu stark, als daß sich am Morgen danach die Reue verhindern ließe.“}
{{{{Franz Kafka, „Zum Nachdenken für Herrenreiter“, 1910.}}}}
Wie Klappern zum Handwerk, gehört Jammern seit je zum Geschäft. Schauen wir uns die Sache einmal genauer an.
Hohe Inflation: Mit den anhaltend hohen Lebensmittelpreisen machen die großen Lebensmittelkonzerne und die Supermarktketten ihre steigenden Gewinne. Teure Energie: Die Energiekonzerne leiden nicht unter den stark gestiegenen Preisen für den Endverbrauch. Schwächelnde Wettbewerbsfähigkeit: Ein Märchen. BASF bleibt z.B. der größte Chemiekonzern der Welt. Rheinmetall (Militär, Panzer) macht beste Aufrüstungsgeschäfte mit Australien. Lähmende Bürokratie: Ein Evergreen – verflucht seien Sozial-, Sicherheits-, Steuer- und Umweltregelungen! Fachkräftemangel: Schlechte Bezahlung und Arbeitsbedingungen machen qualifizierte Berufe mit hohem Engagement nicht „attraktiv“. Gedämpfte Konjunkturerwartungen: Wenn die Kaufkraft der großen Menge fehlt (anhaltende Reallohnverluste), gibt es verringerte Nachfrage – durch hohe Preise keineswegs auszugleichen – und weniger Konjunktur. Das wollten die Steuer- und Lohnvermeider sowie ihre politischen oder medialen Adjutanten noch nie wahrhaben. Zudem stehen gesteigerte Finanzspekulationen erforderlichen Investitionen im Wege. Wohlstandsverlust: Gewiß nicht für Manager, Aktienbesitzer und „Miethaie“.
So, nachdem die Tatsachen geradegerückt sind, kann das Gegreine der sogenannten Eliten neu
bewertet werden. Das Allgemeinwohl leidet unter dem Mangel an Sozialem respektive dem politischen Vorrang der Gewinnerzielung. Als vorgeschobener Grund für die Kürzungen im Sozialbereich (Beispielsweise BaFöG, Kindergrundsicherung, Eingliederungsmaßnahmen für Erwerbslose, Renten) oder die mangelhafte Finanzierung öffentlicher Einrichtungen überhaupt (KITAS, Schulen, Hochschulen, Theater, Bibliotheken, Museen, Verkehr, Infrastruktur, öffentliche Gesundheitseinrichtungen) wird suggestiv der allgemeine Sparzwang bei öffentlichen Ausgaben („Schuldenbremse“) angeführt. Politisch ausgeklammert sind dabei der hohe Militärhaushalt sowie beispielsweise die jährlichen Steuer- und Investitionshilfen für Unternehmen (sechs Milliarden Euro), obgleich selbst die OECD jüngst konstatiert hat, daß die Unternehmensgewinne seit 2019 stark gestiegen sind.
Diese groben Unstimmigkeiten haben in Wahrheit eine große soziale Dimension, die hinter den verdrehenden Verlautbarungen verborgen werden sollen. Noch mehr Bescheidenheit für die Mehrheit der Bevölkerung ist die kaum verborgene Absicht solchen Drohgejammers.
Dagegen hilft wesentlich – was ja auch vielfach praktiziert wird -, sich nicht den Kopf verdrehen zu lassen, nicht bescheiden zu sein, allein zu bleiben, sondern Ansprüche zu erkennen, zu formulieren und zu fordern sowie sich dafür zusammenzutun. Gute alte neue Solidarität. Davon sollten ebenso die Hochschulen nicht ausgelassen werden. Erkenntnisbildung beinhaltet Verantwortung für eine humane Entwicklung des Gesamts und der Einzelnen.