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Das kulturelle Erbe respektieren

Entscheidungsprozeß zur baulichen Entwicklung der Uni geht in die letzte Runde

„Kein gerechterer Beurtheiler fremden Verdiensts als der philosophische Kopf. Scharfsichtig und erfinderisch genug, um jede Thätigkeit zu nutzen, ist er auch billig genug, den Urheber auch der kleinsten zu ehren. Für ihn arbeiten alle Köpfe - alle Köpfe arbeiten gegen den Brodgelehrten. Jener weiß alles, was um ihn geschieht und gedacht wird, in sein Eigenthum zu verwandeln - zwischen denkenden Köpfen gilt eine innige Gemeinschaft aller Güter des Geistes; was Einer im Reiche der Wahrheit erwirbt, hat er allen erworben. - Der Brodgelehrte verzäunet sich gegen alle seine Nachbarn, denen er neidisch Licht und Sonne mißgönnt, und bewacht mit Sorge die baufällige Schranke, die ihn nur schwach gegen die siegende Vernunft vertheidigt.“
Friedrich Schiller, „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“, Antrittsrede an der Universität zu Jena, 1789.

Die Politik der „Wachsenden Stadt“ hat in den vergangenen neun Jahren - mit Herrn Dräger und Frau Gundelach - systematisch Zerstörung an die Universität gebracht: Die kommerzielle und dafür autoritäre Ausrichtung, Studiengebühren und schlauchende Lernparcours, die administrative Durchsetzung sogenannter kaufmännischer Denk- und Handlungsweise sind Teil des Programms zur vollständigen Unterordnung der Hochschule unter den Druck gewinnbringender Verwertung. Besonders starker Ausdruck dieses schwachen Sinns ist der hartnäckig verteidigte Plan, die Universität ganz oder teilweise in einem teuren und langwierigen Bauprozeß im Hafen neu zu errichten.

Das ist alles in allem ein klar rückwärtsgewandtes Nein zu guten Lern- und Arbeitsbedingungen, klugen Gedanken, perspektivreichen Erkenntnissen und ihrer nach humanistischen Maßstäben nützlichen Verallgemeinerung. Je mehr die Universität nach unternehmerischen Prinzipien umgemodelt wird, desto weniger kann sie zu Wohlfahrt, Frieden und Demokratie beitragen.

Die jetzige Senatorin folgt dabei der schlichten Ideologie, was für die „Wertschöpfung“ (gemeint sind Profite) gut sei, sei auch für die Gesellschaft gut. Unter diesen Bedingungen wird zusehends jeder Fortschritt ein Fortschreiten von der Menschheit weg. Die Universität muß aber unbedingt auf der Seite der universellen Humanität stehen.

Dafür ist ein kritisches Bewußtsein der eigenen Geschichte und eine inhaltliche und soziale Offenheit im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung unbedingt verbunden mit ihrer Sanierung und sozial durchdachten Erweiterung an ihrem Entstehungsort. Hier ist sie mit der Stadt wahrhaft verbunden, dauerhaftes Symbol der demokratischen Anstrengungen von 1918/19 und 1945, konfrontiert mit dem jüdischen Viertel (mit seiner großen Gelehrtengeschichte und den abscheulichen Greuel der Nazi-Zeit) sowie mit der sozialen Bewegung der 1960er Jahre, in deren Folge die Universität zur Demokratischen Massenuniversität entwickelt wurde. Dies ist für keinen Teil der Uni verzichtbar.

Erst die positive Aufhebung dieses Erbes ermöglicht die vernünftige Beantwortung gegenwärtiger Herausforderungen - solidarisch und kooperativ. Eine Entscheidung des Akademischen Senats am 20. Mai für den Verbleib der Uni in Eimsbüttel wird dies erheblich befördern. Jedes Engagement dafür ist hilfreich.

Die Geschichte ist gegenwärtig.