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So oder so

Wie es weitergehen soll

„Maaßen gibt seit langem Anlass, erstaunt zu sein über ihn: Was war denn das bloß für ein Verfassungsschutzpräsident, der nach den Demonstrationen von Rechtsextremisten vor drei Jahren in Chemnitz nur ein erkennbares Anliegen hatte: zu bestreiten, dass es Hetzjagden auf Migranten gab. Was war denn das für ein Verfassungsschützer, der ›Linksradikale‹ bei der SPD ortete? Der 2020, im einstweiligen Ruhestand, die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten durch CDU und AfD als ›Riesenerfolg‹ bezeichnete. ›Hauptsache, die Sozialisten sind weg‹, sagte er. Ist so einer noch konservativ oder schon reaktionär?“

Detlef Esslinger, „Eine Entscheidung, plausibel und abenteuerlich zugleich“, „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 1.5.2021.

„Du schaffst es, tschakka. Von der Schulzeit an lernt der Mensch im Spätkapitalismus, dass er siegen muss, gewinnen. Stark sein, fit sein. Die besseren Noten, den besseren Körper, die größeren Muskeln, die gesünderen Zähne für die Karriere, von der heute schon kleine Menschen in der Grundschule reden. Wettbewerb. Hurra, wir lieben den Wettbewerb. Denn ohne Wettbewerb keine Karriere, und ohne einen Arbeitgeber und Eigeninitiative und genügend Eigenverantwortung ist man nichts wert. Wir nennen es Freiheit, Entfaltung. Wir sagen Selbstverwirklichung dazu. Jene, die im Rennen aus der Kurve fliegen, am Straßenrand zurückbleiben, die krank sind oder müde oder keiner Normierung entsprechen, betrachtet man mit leisem Schauder. Was immer Menschen an den Rand drängt. Er wird wohl selbst schuld sein, der Versager. Schnell weitergehen, vielleicht sind sie ansteckend, die Verlierer.“

Sibylle Berg, „So verführt uns Hass / Die gemeinsamen Stunden des Gegen-jemanden-Seins“, „SPIEGELONLINE“, 1.5.2021.

„Mit Blick auf die Pandemie mache ich mir vor allem Sorgen um die schon vorher schlecht bezahlten Beschäftigten im Einzelhandel, in der Gastronomie, in der Hotellerie, die nun in Kurzarbeit sind oder ihren Job verloren haben. Corona macht die Ärmeren noch ärmer und einige Reiche noch reicher. Das ist nicht nur ein Skandal, das gefährdet auch unsere Demokratie. Die Menschen haben ein feines Gespür für soziale Gerechtigkeit. Und sie ist in diesem Land leider nicht mehr gegeben.“

DGB-Chef Reiner Hoffmann, im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“, 29.4.2021, S. 23.

Mit der Kandidatur von Hans-Georg Maaßen, dem ehe- maligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, in Thüringen für die CDU zum Bundestag soll es schlimmer weitergehen als je zuvor. Kurz gesagt: Das strikt Nationalkonservative, populistisch getrimmt und mit auffälliger Brauntönung, soll im AfD-Revier wildern und jegliche soziale, historisch aufgeklärte, demokratische und friedenspolitische Ambition ins Ewiggestrige ablenken und verirren.
Die Aktivitäten zum 1. Mai, das Engagement für den
8. Mai als Gedenk- und Feiertag, ebenso die gemeinschaftlichen Unternehmungen für Frieden, Entmilitarisierung und Abrüstung, dabei auch der Einsatz für Studienreform, bedarfsgerechte Finanzierung (nicht nur) der Bildung, die aufrechte Haltung im Kunst- und Kulturbereich und der begründete Unmut bezüglich unverhältismäßiger Grundrechtseinschränkungen machen jedoch deutlich, daß es um etwas ganz andres geht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Da wo sie, was allenthalben geschieht, angetastet wird, entstehen nicht nur Unbehagen, Schmerz und Schrecken, sondern auch begründeter, assoziierter Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Einschränkungen – für ein besseres, lebenswertes, solidarisches gesellschaftliches Leben, in dem sich niemand nach Vorgestern irritieren bzw. gegeneinander ausspielen läßt.
Es ist eben nicht menschlich, zu hungern, zu darben, (sozial) zu verzichten, sich in Neid zu belauern sowie Kriege, Naturzerstörung und gesellschaftliche Ungleichheit für natürlich zu halten.
(Die Wissenschaften, die Bildung, die Kunst, die Kultur können und sollten erweitert ihren Beitrag dazu leisten, diese Einsichten zu vertiefen und zu verallgemeinern.)
Wie gesagt: Der Mensch ist kein Höhlentier – auf dem Sofa und vor dem Bildschirm – mit streng-schnürend protestantischer Moral. Das mag die zentrale Lehre aus der Pandemie bzw. aus der autoritären Eindämmungspolitik sein. Die Welt gewinnt an Schönheit, wenn wir sie gerecht und kultiviert gestalten. So kommen die Zivilisation und ihre Subjekte voran. Die Freude dabei wird nicht fehlen.

„Wenn man keinen Egoismus haben will, dann muß man nicht gegen ihn reden, sondern einen Zustand schaffen, wo er unnötig ist.“

Bertolt Brecht, „Über den Egoismus“, „Me-ti / Buch der Wendungen“, entstanden im Exil der 1930er Jahre.