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Orientierte Rationalität

Mit kritischer Vernunft aus der Krise hinaus

„Im Windschatten von Corona brüten Industrievertreter neue Ideen aus, um die Spendierfreude der Politik auszunutzen. Nach dem Motto ‚Wenn nicht jetzt, wann dann’ bombardieren Wirtschaftsverbände und Unternehmen die Regierungen fast täglich mit Vorschlägen – direkte staatliche Transfers, Prämien, Deregulierung. Die Forderung der Autoindustrie nach einer Neuauflage der Abwrackprämie ist da nur das prominenteste Beispiel. (...) Die Spendierfreude eröffnet ungeahnte Spielräume. Etwa für die Banken. Nach der Finanzkrise von 2008 wurden sie zum Paria [Ausgestoßener], jetzt sind sie dank Corona wieder systemrelevant – ohne Kreditprüfung durch die Hausbank kommen deutsche Mittelständler und Konzerne nicht an die Darlehen der Staatsbank KfW. (...) Dann gab Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Marschbefehl aus, bei der Kreditvergabe ’Fünfe gerade sein zu lassen.’ (...) Nicht Konzerne wie ThyssenKrupp oder Salzgitter sollen das unternehmerische Risiko tragen, ihre Produktion von Kohle auf Wasserstoff umzustellen. Die Kosten für neue CO2-arme Anlagen solle gefälligst der Staat und damit der Steuerzahler übernehmen.“

AutorInnengruppe, „Festspiele für Lobbyisten“, „SPIEGEL“ Nr. 20/9.5.2020, S. 66-67.

„Welche Menschen glauben an Verschwörungstheorien?
Eine Erklärung ist: Kontrollverlust verstärkt, dass Menschen überall Verschwörungen wittern. Das sind Situationen, in denen wir uns machtlos und ausgeliefert fühlen. Es ist ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen, die Kontrolle zu behalten. Wenn Menschen dieses nicht befriedigen können, tendieren sie eher dazu, lose Punkte zu Mustern zu verbinden. Da sind wir dann bei einer Verschwörungserzählung. (...) Spielen auch politische Ansichten eine Rolle? Ja. Menschen, die sich politisch rechts einordnen, glauben eher an Verschwörungen. Die Menschen, die in Großbritannien für den Brexit gestimmt haben, gehen eher von Verschwörungen aus.“

Die Psychologin Pia Lamberty im Gespräch mit „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung („FAS“), 10.5.2020, S. 10.

„Die Verachtung des ‚seelenlosen Rationalismus’ wirkt nur darum negativ, weil sie noch Volldampf voraus gegen den Rationalismus bedeutet, während längst der Augenblick gekommen ist, aus allen Kräften Gegendampf zu geben.“

Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 16.3.1935 (im Schweizer Exil).

Vernünftig ist, wenn aus der Geschichte, aber auch aus den Fehlern der jüngeren Vergangenheit gelernt wird; wenn nach Maßgabe kritischer Vernunft die menschlichen Lebensbedingungen sozial, friedlich, demokratisch und ökologisch sinnvoll gestaltet werden – im Bewußtsein einer global verbundenen Gemeinschaft. In diese Tendenz läßt sich einordnen, daß in den Hamburger Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen vereinbart worden ist, daß die Hochschulen in naher Zukunft einen jährlichen Ausgleich von maximal zwei Prozent für Tarifsteigerungen und Inflation und zusätzlich weitere Mittel für Gebäudesanierungen und Neubauten erhalten sollen. Das gleicht zwar immer noch nicht die vorhandenen und gehäuften Defizite aus, ist aber ein positives Ergebnis entsprechender Kontroversen, die von den Hochschulen ausgeführt worden sind.

Auch Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) sieht sich durch die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie – gestützt auf Forderungen der Gewerkschaften und begründete Ansprüche der Tätigen im Gesundheitssystem – bewegt, Forderungen für ihren Arbeitsbereich zu stellen: Das Gesundheitswesen sei durch mehr Pflegepersonal, bessere Arbeitsbedingungen sowie die bessere Bezahlung der Pflegekräfte zu stärken. Darüber hinaus muß die Rekommunalisierung der Krankenhäuser sowie die Überwindung der kommerziell gerichteten „Fallpauschale“ erneut ernsthaft in die öffentliche Diskussion gebracht werden.

Insgesamt ist in dieser Wirtschafts-, Sozial- und Gesundheitskrise dafür zu wirken, daß Mängel, Fehler, Schwächen, Defizite und vermeidbares Elend nachdrücklich überwunden werden.

Dafür ist die volle aufgeklärte (Re-)Aktivierung der Grundrechte von wesentlicher Bedeutung.

Das gilt gleichermaßen für die Wissenschaftsfreiheit bzw. ihre aktive Realisierung zwecks der Lösung sozio-kultureller Probleme durch das mündige Engagement ihrer Subjekte (Lehrende, Studierende und Technisches- und Verwaltungspersonal) – und ebenso der Personalräte, der Akademischen Selbstverwaltung sowie der Studentischen Interessenvertretung.

Für Alles mag auch eine einfache Maxime gelten:

„Ich war bezahlbar, aber nicht käuflich.“

Mario Adorf in der „SPIEGEL“-Beilage „Das Finanzmagazin/Geld“ Nr. 1/2020, In der Rubrik „Mein Geld, mein Leben“, S. 23.