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Humanistische Rationalität als eingreifende Aktivität

„In einem Szenario mit vier Grad Erwärmung (wenn die Emissionen von Treibhausgasen nicht radikal reduziert werden) könnte das Risiko für bewaffnete Konflikte im Mittel um 26 Prozent gegenüber einer Welt ohne menschengemachten Klimawandel steigen. Damit wäre das zusätzliche Konfliktrisiko durch Klimawandel etwa fünfmal so hoch wie das im letzten Jahrhundert. Der Begriff „Konfliktrisiko“ umfasst dabei die Häufigkeit und die Intensität von Konflikten, was zum Beispiel Dauer, Opferzahlen oder Schadenshöhe einschließt. (…)
Faktoren wie Armut, politische Instabilität, gesellschaftliche Ungleichheit und vorangegangene Kämpfe in einer Region haben laut Studie einen weit stärkeren Einfluss auf das Konfliktrisiko als das Klima. Allerdings kann der Klimawandel weltweit auf diese Konfliktfaktoren wirken und so indirekt Konflikte und damit verbundene Gewalt verstärken.“

Pressemitteilung der UHH: Klimawandel erhöht Risiko für bewaffnete Konflikte, 12. Juni 2019.

„Niemand wird leugnen, daß in einer Welt, in welcher sich alles durch Ursache und Wirkung verwandt ist, und wo nichts durch Wunderwerke geschieht, jeder ein Spiegel des Ganzen ist.“

Georg Christoph Lichtenberg, „Über Physiognomik“, 1778.

Nicht erst seit Rezo mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“ Furore macht, beschäftigt viele, dass „die“ Politik wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert. Sie ist den Interessen und Absichten von Energiekonzernen, Automobil- und Rüstungsindustrie sowie großen Finanzakteuren zu nah, den Lebensinteressen der globalen Mehrheit abgewandt.

Was kann „die“ Wissenschaft dagegen tun?

Wenn Wissenschaft die systematische Vermehrung von Erkenntnis ist, die dem Wohl der Menschheit nützt und durch Bildung zu ihrer nachhaltigen Handlungsfähigkeit beiträgt – dann kann sie sehr viel tun. Allerdings nicht in gewohnten Bahnen von verwaltetem Mangel, akzeptiertem Leistungspunkte- und Drittmittel-Elend, in Ritualen sogenannter Exzellenz, beharrend auf Sicherheit und Routinen, sondern: indem sie aneckt, alarmiert, aufklärt, aktiviert und allgemeine Verbesserungen streitbar durchzusetzen bereit ist.

Eine humanistisch-demokratische Wissenschaft greift ein. Sie wirkt für den Vorrang von Frieden und Menschenrecht, von Nachhaltigkeit und einer egalitären Kultur vor marktkonformen Selbstbezüglichkeiten. Das gelingt zum Beispiel immer dann, wenn sie massive soziale Ungleichheit als Hindernis für die Verwirklichung relevanter Erkenntnisse analytisch delegitimiert. Dies gelingt durch die Thematisierung von Erfahrungen, Beispielen und Möglichkeiten gesellschaftlicher Solidarität. Sie stärkt den Gemeinsinn und macht Egoismus jederzeit dysfunktional. Sie ist eine Vorreiterin und Propagandistin Alle einschließender Teilhabe. Sie ruht nicht, ehe Planung und Kollektivität des Wirtschaftens nicht profitablen Raubbau, sondern nachhaltige Nützlichkeit für Generationen zum Inhalt haben. Sie ist parteiisch für Menschenrechte. Sie entwirft Leitbilder des zukünftigen Zusammenlebens, die heute eine sinnstiftende Handlungsweise begründen. Sie fürchtet sich nicht vor Politik. Sie ist mit „den Leuten“ auf Du-und-Du.

In der Universität sollten sich alle entsprechend einbringen. In Seminaren und mit Projekten, in Gremien der studentischen und akademischen Selbstverwaltung, bei Begegnungen im Alltag schafft die offene Ansprache von großen Herausforderungen und weitgesteckten Zielen einen erfrischenden Unterschied zu belangloser Normalität. Die Bearbeitung großer gesellschaftlicher Probleme vertreibt viel Bedrückendes aus dem Alltag. Veränderung sofort ist: unkonventionell, ambitioniert, teilnahmsvoll, neugierig und solidarisch.