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„Menschliches Leben ist gemeinsames Leben von verantwortlichen Personen in der Welt.“

70 Jahre Blaues „Gutachten zur Hochschulreform“

1945: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ Dafür sollten auch die Hochschulen künftig wirken. In dieser Perspektive setzte die damalige Militäradministration in der britischen Besatzungszone einen Studienausschuss ein, der im November 1948 sein „Blaues Gutachten“ zur Hochschulreform vorlegte. An der Kommission waren Wissenschaftler sowie Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften und Politik aus dem In- und Ausland beteiligt. Die konsequente Lehre aus der Mitverantwortung der Hochschulen an der Nazi-Herrschaft war:

„Wir setzen uns von denjenigen Auffassungen ab, für welche nicht der Mensch, sondern die Forschung an der Spitze steht. Wir glauben, dass Hochschulbetrieb nur soweit gerechtfertigt ist, als er Dienst am Menschen bleibt. Dieser Dienst ist nicht auf den Studenten beschränkt, ..., sondern er gilt mittelbar und unmittelbar dem ganzen Volk. Menschliches Leben ist gemeinsames Leben von verantwortlichen Personen in der Welt. Nur als Teil dieses Lebens ist die Hochschule gerechtfertigt.“

„Blaues Gutachten“, 1948, S. 11.

Wissenschaft soll wahrhaftig Dienst am Menschen sein. Gefordert waren dafür: Die Einrichtung eines ‚Studium Generale‘ zur Reflexion und Erweiterung des Fachwissens durch den Blick über den Tellerrand, Demokratisierung der Universitäten, Förderung und soziale Öffnung des studentischen Lebens zum Beispiel durch Bau von Studierendenwohnheimen, durch gestärkte studentische Selbstverwaltung und durch Gebührenfreiheit der Bildung sowie dem Bedarf angemessene Finanzierung der Hochschulen. Insgesamt ging es um Verantwortung von Wissenschaft und Bildung für eine menschenwürdige Entwicklung der internationalen Gesellschaft.

Diese Perspektive des „Blauen Gutachtens“ weist ebenso in die Zukunft wie die beabsichtigte soziale Öffnung, gesellschaftliche Integration und demokratische Souveränität zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der Hochschule. Doch ihr fehlte der demokratische Konsens der Länder wie vor allem der Konsens der Universitäten selbst. Es bedurfte der Auf- und Umbrüche der 1960er Jahre für einen großen Reformschritt 1968/69 zur vollen Entwicklung der Körperschaftsrechte, um die Hochschulen in die Lage zu versetzen, ihre enorm wachsenden Aufgaben in einer auf erweiterte Bildungsbeteiligung angewiesenen Gesellschaft zu erfüllen. Das „Blaue Gutachten“ war dafür ein wichtiger Wegbereiter.

Der Blick zurück erhellt die Gegenwart!

Zu Vortrag und Diskussion ist Peter Fischer-Appelt unser Gast. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident der Uni Hamburg (1970 bis 1991). Er arbeitete über „Bruno Snell und das ‚Blaue Gutachten‘ zur Hochschulreform: ‚Wir sind dazu da, die Reform zu machen.‘“. Darin wird die Arbeit von Bruno Snell, 1945/46 Dekan der Philosophischen Fakultät der Uni Hamburg, 1951-53 Rektor der Uni Hamburg und Mitglied des Studienausschusses, gewürdigt. Bruno Snell war ein unbeugsamer Gegner des Naziregimes. Mit der Rückbesinnung auf die fortschrittlichen Quellen der Uni Hamburg laden wir alle ein, ins 100. Jubiläumsjahr der Uni Hamburg zu starten. Schöpfen wir daraus für heute!

Veranstaltung mit Prof. Dr. Peter Fischer-Appelt Uni-Präsident (1970-1991)

Dienstag, den 15. Januar 2019, 16 Uhr,
Edmund-Siemers-Allee 1 (ESA Ost Flügel), Raum 221