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Ein deutliches Votum gegen unternehmerische Despotie:
Das Ergebnis der Wahlen zum Akademischen Senat

„Politiker, zumal die von Großmächten, werfen den Vereinten Nationen gerne vor, sie seien nichts als ein Debattierclub. Bei Leuten, die gewohnt sind, sich kraft schieren Einflusses durchzusetzen, ruft eine solche Struktur zwangsläufig Unzufriedenheit hervor. Doch wer die riesige UN-Familie einzig an der Elle der Debatten misst, beurteilt ein Geschäft nach dem Schaufenster, ohne je den Fuß ins Innere gesetzt zu haben. Denn dort findet das eigentliche Herz der Vereinten Nationen - die Sonderorganisationen, die sich um Gesundheit, Kinder, Flüchtlinge und Vernachlässigte kümmern. Ohne die Vereinten Nationen überschritten Chaos, Vernachlässigung und Unwissenheit jedes menschliche Maß.“
Sir Peter Ustinov, „Von Pferde- und Menschenliebe“, 1995.

Armut, Krieg und ökonomische Depression – ebenso kulturelle Niedergeschlagenheit – sind soziale Katastrophen. Sie sind politisch zu verantworten und menschengemacht. Auch sogenannte Naturgewalt kann sozial gebändigt werden und muß nicht einer Viertelmillion Menschen das Leben kosten wie in Haiti.
Die Welt braucht eine humane Perspektive und Praxis. Dafür sind kritische Wissenschaft und demokratische Meinungsbildung unabdingbar. Erkenntnisse, Entscheidungen und Handlungsweisen stehen letztlich immer in dem Gegensatz: zivilisatorischer Fortschritt oder Zunahme der Zerstörung.
In dieser auch lokal relevanten Polarisierung hat die Universität zum Akademischen Senat (AS) gewählt. Der Wahl sind heftige Kontroversen vorausgegangen. Die Universität versucht sich gegen den Druck aus der CDU-geleiteten Wissenschaftsbehörde vom inhumanen unternehmerischen Diktat (Effizienz, Konkurrenz, Exzellenz) zugunsten geistvoller, kooperativer und verantwortungsbewußter Produktivität zu befreien. Die öffentliche Auseinandersetzung darum hat für eine erhebliche Erhöhung der Wahlbeteiligung gesorgt. Die Wahl hat somit eine deutliche Linksverschiebung gebracht.
Das „Bündnis für Aufklärung und Emanzipation! (BAE!)“ ist mit 1.174 Stimmen wieder im AS vertreten. Wir freuen uns auf die aufgeklärte Zusammenarbeit und auf die exemplarische Kontroverse mit dem oktoyierten Präsidenten Lenzen, einem Hardliner für Wirtschaft und Autorität. Gebührenfreiheit, Demokratie, eine humanistische Studienreform, der Verbleib der Universität in Eimsbüttel und die Stärkung der Friedenswissenschaft können jetzt im Akademischen Senat initiativ beraten werden. Große Hoffnungen werden in der Studierendenschaft auf die Liste CampusGrün gesetzt. Sie zieht mit 1.488 Stimmen in den AS ein. Die Seite der Kritiker des neoliberalen Ungeistes ist damit erheblich gestärkt.
Relativ verloren haben dagegen die marktkonformen VertreterInnen aus den großen Fakultäten WiWi, Jura, Medizin sowie die Liberale Hochschulgruppe (LHG). Ihre gemeinsame Liste zieht mit 1.346 Stimmen ebenfalls in den AS ein.
Verlierer der Wahl sind die sogenannten Jusos, die zusammen mit den Klientel-Listen „Geisteswissenschaften“ und „Campus International“ antraten. Mit 866 Stimmen ist den Günstlingen von O. Scholz die Möglichkeit genommen, im AS gegen verallgemeinerbare studentische Internessen den braven Kronzeugen zu geben.
Für die Wahlen in den anderen Mitgliedergruppen ist hervorhebenswert, daß ein einzelnes Kandidatenpaar, dem Herr Gutmann angehört, mehr als ein Drittel sämtlicher professoraler Stimmen gegen die konservative Hochschullehrergruppe UHUH auf sich vereinigen kann. Herr Gutmann war im letzten Jahr zum Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät gewählt worden und wegen aufrechten Gangs und kritischer Auffassungen von der damaligen Uni-Präsidentin am Amtsantritt gehindert worden. Das gute Ergebnis dokumentiert damit besonders das Fehlen einer sozial orientierten, progressiven Hochschullehrerorganisation.
Politik und Wissenschaft sind öffentliche Angelegenheiten. Der Akademisches Senat sollte ein universitäres Forum der lebendigen Verständigung werden: Zur Rekonstruktion sozial verantwortlicher Vernunft.

Liste Stimmen Prozent Sitze
Bündnis für Aufklärung und Emanzipation! (BAE!) 1174 (+435) 23,6 (+5,5) 1 (+1)
CampusGrün 1488 (+267) 29,9 (-0,1) 1 (+/-0)
Realo-„Jusos“, GeiWiss & CampusInternational 866 (+90) 17,4 (-1,6) 0 (-1)
PUR 95 (n.a.) 1,9 (n.a.) 0 (n.a.)
wiwi-liste & Juraliste & Medizinerliste & LHG 1346 (+12) 27,1 (-5,7) 1 (+/-0)
Wahlbeteiligung 4969 (+899) 13,2 (+1,7)