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Frieden statt Militär

Ein wissenschaftspolitischer Beitrag

„Es geht offenbar nicht darum, Völkermorde zu unterbinden. Militäreinsätze sollen auch dann gerechtfertigt sein, wenn Deutschlands ökonomische Interessen als Seehandelsland bedroht sind. Sah sich Horst Köhler noch vor wenigen Jahren nach einer ähnlichen Argumentation genötigt, seinen Hut zu nehmen, so droht jetzt die Idee salonfähig zu werden. Sie interpretiert die Welt aus einer verengten sicherheitspolitischen Perspektive. Im 21. Jahrhundert kann Politik nicht mehr in der schlichten Unterscheidung in Freund und Feind bestehen – auch wenn die Krise in der Ukraine illustriert, wie präsent ein solches altes Denken noch immer ist. (…) Demgegenüber setzt die Entwicklungs- und Friedensforschung weniger auf zivil-militärisches Risikomanagement als vielmehr auf die kritische Auseinandersetzung mit globalen Ordnungs- und Machtstrukturen. Frieden braucht die Beseitigung gesellschaftlicher Ungleichheit und muss die Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit dieses Planeten einhalten.“

Marc von Boemcke, Margret Johannsen, Janet Krusawe, Bruno Schoch, Ines-Jaqueline Werkner: „Schwerpunkt Europa – Friedensprojekt am Ende?“ Stellungnahme der HerausgeberInnen, „Friedensgutachten 2014“, ebd. S. 23, Münster: 2014.

Mit diesen Sätzen distanziert sich die bundesdeutsche Friedensforschung von einer neuen „sicherheitspolitischen“ Strategie, wie sie Bundespastor Gauck, Kriegsfürsorgerin von der Leyen und Außen-Muppet Steinmeier vertreten.

Ohne Gleichheit und ökologische Nachhaltigkeit ist alles nichts, auch kein Frieden. Konsequent wird in dem diesjährigen Friedensgutachten der fünf großen Friedensforschungsinstitute beispielsweise die EU-Osterweiterungspolitik bezüglich der Ukraine gerügt, die „einer ökonomischen Expansionslogik“ folgt. Die EU trägt wesentlich Verantwortung für den Bürgerkrieg in der Ukraine: mit ihrer Ignoranz gegenüber der massiven sozialen Spaltung des Landes sowie gegenüber den ökonomischen und sicherheitspolitischen Interessen der – als nicht uneigennützig charakterisierten – russischen Außenpolitik. Außerdem haben die westlichen Politiker bisher zu dem „nazistischen und antisemitischen Gedankengut des »rechten Blocks«“ „opportunistisch geschwiegen“. Es gibt zivile Alternativen. Insbesondere eine auf Interessenausgleich bedachte Politik gegenüber Russland, Anerkennung der Souveränität aller Staaten, zivile Unterstützung einer Demokratisierung und sozialen Fortschritts sowie die klare Absage an die äußerste Rechte.

Besonders scharf wenden sich die Friedensforscher gegen die derzeitige Abschottungspolitik der EU gegenüber Flüchtlingen. Im Abschnitt „Massengrab an den Grenzen Europas“ werden deren verheerende Folgen angeprangert und die Privatisierung des Grenzregimes im Interesse von Rüstungsforschung und Rüstungsindustrie attackiert. Eine Hinwendung zu einer den Grundrechten entsprechenden Migrationspolitik wird gefordert.

So leistet die Friedensforschung relevante (Diskussions-)Beiträge für die Friedensbewegung, eine aufgeklärte öffentliche Meinungsbildung und auch für die Zivilisierung institutioneller Politik.

Wissenschaft sei kritisch und demokratisch, zivil und international.

Strukturell könnte dies in der gegenwärtigen Reform des Hochschulgesetzes durch eine „Zivilklausel“, starke Partizipation der Mitglieder, kooperatives Studium und eine anständige öffentliche Hochschulfinanzierung befördert werden.

Bewegung in die Vernunft!