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Zur Entscheidung
„Die Finanzmärkte brauchen Aufsicht und Realitätsbezug. Sie stellen doch bestenfalls einen besonders effizienten Mechanismus zur Ressourcenverteilung dar. Sie funktionieren aber nicht ausreichend ohne einen gesellschaftlichen, kulturellen und – ja, auch das – politischen Rahmen, der ihren Mechanismen Sinn und Richtung und Ordnung gibt. Erst auf dieser Basis können Verständnis und Vertrauen wachsen.“
Olaf Scholz, Grußwort bei der ZEIT-Wirtschaftskonferenz, Hamburg, 2.12.2011.
„Wie wir hören, sind Verhandlungen im Gange, die eine Kreditgewährung an die Erde seitens des Planeten Mars zum Inhalt haben. Bisher hat der Planet als Antwort auf alle Anfragen nur seinen Namen gefunkt.“
Kurt Tucholsky, Kleine Nachrichten, Die Weltbühne, 1931.
Die Krise kommt auch darin zum Ausdruck, daß das Establishment den Grad seiner Ratlosigkeit zum Maßstab seiner öffentlich inszenierten Bedeutung macht.
Auch eine kleine Nachricht: Die Teilnahmegebühr der ZEIT-Konferenz betrug 1.500 Euro. „Aufsicht und Realitätsbezug“? Heiterkeit kann diesen Knoten lösen.
Der „Sinn“ der Finanzmärkte ist Geld (als solches), mehr Geld und noch mehr Geld. Gesellschaftliche Vernunft und Menschlichkeit zeigen die Börsenkurse aber nicht an. Diese fiebrige Abstraktion vom realen Leben ist schädlich. Es irrt, wer sich daran klammert. „Verständnis und Vertrauen“ sind also grundsätzlich fehl am Platz.
Die Alternative wächst mit dem solidarischen Engagement weltweit. Zivilisiert ist die menschliche Gesellschaft dann, wenn es gelingt, Kriege zu beenden, Armut und kulturelles Elend zu überwinden und die Freude an der politischen Partizipation zu steigern. So werden nationale und neoliberale Mythen im Licht einer neuen Aufklärung zerfallen, soziale Vernunft und Freundlichkeit dominieren und die Einrichtungen des Staates nach diesen Zwecken zu bestimmen sein. Dafür ist kein Mensch verzichtbar. (Hochbezahlte Ratlosigkeit ist hingegen entbehrlich.)
In diesem Kontext steht die Universität vor der sozialen Herausforderung, den Reichtum an humanistischen Erfahrungen, Erkenntnissen und Möglichkeiten universell zu erfassen, zu erkennen, zu mehren und für alle öffentlich zu machen. Politisch geschaffener Mangel („Privatisierung“), Rankings und Ratings stehen kritischer Produktivität im Wege und müssen beiseite geschoben werden. Der „Kampf um die Zukunft“ ist entsprechend der Ausgangspunkt für die Neugewinnung humanistischer Rationalität, für kooperatives Lernen, inhaltliche Mitbestimmung, öffentliche Aufklärung und wissenschaftliche Zusammenarbeit in gesellschaftlicher Verantwortung.
Darum ist jegliches Tabu – die „Schuldenbremse“, „Bologna“, „Berufsqualifizierung“, der Hochschulrat, das „Management“, die „Exzellenz“ – zu verwerfen. Das praktische Bewußtsein, verantwortlich Teil einer positiven Entwicklung zu sein, ist dafür eine solide Grundlage.
Akademischer Senat, Studierendenparlament und AStA sollten in diesem Sinne kommunikative Zentren der Universität bilden.