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Frieden statt Vergeltung!

Zum israelisch-palästinensischen Konflikt

Unverbrüchlich humanitäre Perspektive
„Die aktuellen Geschehnisse in Israel und Gaza haben uns alle zutiefst erschüttert. Die barbarischen, terroristischen Akte der Hamas gegenüber Zivilisten, darunter Kinder und Babys, sind durch nichts zu rechtfertigen. Dies müssen wir so stehen lassen und innehalten. Dann stellt sich als nächster Schritt natürlich die Frage: Was nun? Ergeben wir uns nun dieser furchtbaren Gewalt und lassen wir unser Streben nach Frieden ">sterben< - oder beharren wir weiter darauf, dass es Frieden geben muss und geben kann? Ich bin überzeugt, dass wir weitermachen und dafür den größeren Kontext des Konflikts im Blick haben müssen. Unsere Musikerinnen und Musiker des West-Eastern Divan Orchestra, unsere Studentinnen und Studenten in der Barenboim-Said-Akademie, sie sind fast alle unmittelbar betroffen. Viele der Musikerinnen und Musiker leben in der Region, und auch die anderen haben viele Verbindungen in ihre Heimat. Dies bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass es nur eine Lösung dieses Konflikts geben kann: auf der Grundlage von Humanismus, Gerechtigkeit und Gleichheit - und ohne Waffengewalt und Besatzung. Unsere Friedensbotschaft muss lauter sein denn je. Die größte Gefahr ist doch, dass alle die Menschen, die sich so sehnlichst Frieden wünschen, von Extremisten und Gewalt übertönt werden. Jegliche Analyse, jegliche moralische Gleichung, die wir möglicherweise aufsetzen, muss aber als Basis dieses Grundverständnis haben: Es gibt Menschen auf beiden Seiten. Menschlichkeit ist universell, und die Anerkennung dieser Wahrheit auf beiden Seiten ist der einzige Weg.“

Daniel Barenboim, „Unsere Friedensbotschaft muss lauter sein denn je“, „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 13.10.´23. (Der Autor, geboren in Buenos Aires war bis zu seinem kürzlichen Rücktritt über 30 Jahre Künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper. Er gründete 1999 das West-Eastern Divan Orchestra, das je zur Hälfte mit arabischen und israelischen Musikerinnen und Musikern besetzt ist. Barenboim hat sowohl die israelische als auch die palästinensische Staatsangehörigkeit.)

Ein notwendiger Auftrag
„Schwarzer, Weißer, Brauner, Gelber!
Endet ihre Schlächterein!
Reden erst die Völker selber
Werden sie schnell einig sein.“

Bertolt Brecht, „Solidaritätslied“, Gedichte 1930-1934.

An erster Stelle gelte: Frieden sei die unzweideutige globale Welträson!

In diesem harten Konflikt, dem israel-palästinensischen, ist es, wie in den meisten anderen Fällen auch, nicht geboten, sich spontan auf die Seite einer Kriegs- oder Gewaltpartei zustellen.

Weder die fanatische Hamas noch der reaktionäre Netanjahu sind politisch zu befürworten. Auch die vermeintliche bundesdeutsche Staatsräson (ein Machtbegriff mit Ursprung in der frühen Neuzeit) mag keine mentale Sympathie erwecken.

Vielmehr sollten wie überall auf der Welt die engagiert zu verwirklichenden Maßstäbe der Gewaltlosigkeit, der Entspannung und zivilen Konfliktregulierung, der Abrüstung und die Verwirklichung der unteilbaren politischen, sozialen und kulturellen Menschenrechte Gültigkeit erlangen. Hierbei soll nicht unerwähnt bleiben, daß die atomare Abrüstung dabei einen hohen Rang für die De-Eskalation bzw. die menschenwürdige Entwicklung einnehmen muß.

Der israelisch-palästinensische Konflikt hat seinen langen Ursprung im Kolonialismus in diesem Gebiet seit dem Osmanischen Reich, das nach dem Ersten Weltkrieg zerfiel und folgend dem Britischen Empire, das nach dem Zeiten Weltkrieg erodierte. Auch die rabiate Neugründung des Staates Israel 1948 mit der Vertreibung der meisten Palästinenser aus diesem Gebiet hat nach wie vor die einvernehmliche Regelung der Staatsgrenzen, die Beendigung der Besatzung, das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge, den Stopp des Landraubs durch den Bau jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Gebiet, die Konstituierung des pluralen Status von Jerusalem, den Zugang zu Trinkwasser sowie die Herstellung gleicher Rechte für alle Menschen nicht obsolet gemacht.

Diese Diskrepanzen rechtfertigen keinesfalls den brutalen Terror der Hamas. Er ist zutiefst

menschenunwürdig und schadet (nicht nur) den palästinensischen Anliegen auf dramatische Weise.

Gleichwohl ist der Militarismus der Netanjahu-Regierung auch alles andere als eine Lösung des Konflikts und der damit verbundenen zu überwindenden Probleme.

Zu verfolgen ist hingegen der von der UNO mehrmals vertretene Ansatz der Einrichtung zweier Staaten gemäß der demographischen Verteilung von Juden und Arabern, die Internationalisierung Jerusalems sowie die mögliche Rückkehr aller Flüchtlinge in das Gebiet, das sie verlassen mußten. Zudem sind Abrüstung, der Aufbau von demokratischen Strukturen und die positive ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklung unter friedlichen Bedingungen unerläßlich.

Auf diese Weise bestimmt und verwirklicht ist der Weltfrieden in allen Regionen unverzichtbar.