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Unter Leute gehen
„Hikikomori ziehen sich häufig gänzlich aus dem Sozialleben zurück oder reduzieren es zumindest auf ein Minimum. Meist leben sie mit und von ihren Eltern und verlassen in extremen Fällen jahrzehntelang nicht ihr Zimmer. Sie gehen keiner Arbeit nach, sind in keiner Ausbildung; Sozialkontakte pflegen sie fast ausschließlich online. (…) Die Gründe, warum ein junger Mensch den Kontakt mit der Außenwelt einstellt, sind komplex. Schwierigkeiten in der Familie spielen häufig ebenso eine Rolle wie Mobbing in der Schule oder schlicht die Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen. Darüber hinaus halten Guedj [Marie-Jeanne, Psychiaterin in Paris], Ranieri [Fiorenzo, ital. Psychiater aus Arezzo und Mitarbeiter des italienischen Nationalen Dienstes für Psychische Gesundheit] und ihre japanischen Kollegen einen weiteren Faktor für maßgeblich: Der Druck, dem junge Menschen ausgesetzt sind, Leistung zu erbringen und sich konform zu verhalten, ist so groß, dass sie sich aus Überforderung in sich selbst zurückziehen. Ranieri glaubt etwa, dass das Hikikomori- Verhalten »eine Antwort auf das starke Konkurrenzdenken unter der jüngeren Generation und auf deren große Schwierigkeiten« sei. »Viele Teenager und junge Erwachsene müssen sehr hart arbeiten, um weniger erreichen zu können als ihre Eltern – und das alles in einer komplexeren Welt.«“
Merlin Wassermann, „Unter Leute gehen lohnt nicht“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 28.5.2023, S. 15.
„Mit den wirtschaftsliberalen Theorien ihrer [Margaret Thatchers] Säulenheiligen wie Friedrich August von Hayek und Milton Friedman hatte sie alle nötigen Zutaten für ein geschlossenes ideologisches System: Staatsfeindlichkeit im buchstäblichen Sinn. Thatcher schlug genau in diese Kerbe. »There is no such thing as society« war eine ihre berühmtesten Aussagen. So etwas wie Gesellschaftlichkeit gebe es nicht. Für sie galt: Es gibt nur individuelle Männer und Frauen.
Und die Wirtschaft wird sich besser entwickeln, wenn man den Marktkräften freie Bahn schafft und dem Wettbewerb zwischen den Individuen keine Grenzen auferlegt. Wer von einem Miteinander träumte, war in ihren Augen letztlich ein Spinner, der mit Staatsinterventionen nur Schaden anrichtete. Thatcher betrachtete die Welt als einen feindlichen Ort, an dem ein Kampf tobt - aller gegen alle. Der einzige funktionierende Schutzort für sie: die Familie.“
Robert Misik (österreich. Journalist und pol. Schriftsteller), „Eisern für den Markt“, „arteMagazin“, 6/2023, S. 16 u. 17, hier S. 17.
Nur Mut
Wer sagt denn eigentlich voraus,
der Mitmensch sei ein einzig Graus?
BAE!-Sinnvers, Erziehungswissenschaft (2022/2023).
Wir müssen kritisch konstatieren: Die neoliberale Doktrin (s.o.) hat sich rundum als schädlich erwiesen. Beendet und durch eine wahrhaft soziale Politik abgelöst ist sie noch nicht. Die Ampel flackert in allen Farben.
Der Markt regele oder wisse gar alles (besser), heißt eigentlich. „The winner takes ist all!“
Entgegen der metaphysischen Behauptung, es gebe keine Gesellschaft, ist der Mensch ein genuin gesellschaftliches (politisches, soziales und kulturelles) Wesen – das wußten schon die alten Griechen vor über zweitausend Jahren.
Die Deregulierung staatlicher Sicherungen, die Privatisierung öffentlichen Eigentums, die Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse, Steuernachlässe und Schlupflöcher für hohe Gewinne und Einkommen sowie die Behauptung vom
„Ende der Geschichte“ und die Drangsalierung zur „Eigenverantwortung“ haben die sozialen Lebensverhältnisse – zumal gemessen am tatsächlichen gesamtgesellschaftlichen
Reichtum – verschlechtert, die Konkurrenzbedingungen verschärft und die Menschen zueinander in Isolation und Mißtrauen gedrängt. Hinzu kommt eine umfassend restringierende Lockdown-Politik zur Bewältigung der Corona-Pandemie infolge der systematischen Hilflosigkeit der Regierenden, die die vielfältige Gesellschaftlichkeit sowie die Grundrechte der Mehrheit der Bevölkerung empfindlich eingeschränkt haben.
Verinnerlichung und Rückzug auf einen engen Nahraum waren vielfach die Folge. (Hier helfen Pizza-Service – so weit man sich leisten kann – und Home-Computer nicht weiter.) Menschlich geht eben anders. Die Leute müssen wieder unter die Leute gehen. Sie sind nicht Schuld an der Misere und sollten darangehen, sie zu ändern.
Das wird auch fortgesetzt und zunehmend realisiert. In Arbeitskämpfen (Lohn, Qualifikation, Personalstärke, echte Anerkennung des gesellschaftlichen Wertes), in der Friedensbewegung (Beendigung der Kriege, Abrüstung, zivile kooperative Entwicklung weltweit), in den Auseinandersetzungen vs. den negativen destruktiven Klimawandel (trotz versuchter Kriminalisierung), im Engagement für den 8. Mai (Befreiung vom Faschismus) als gesetzlichem Feier- (und Gedenk-)Tag sowie auch an den Hochschulen für eine bedarfsgerechte Finanzierung, für die soziale Sicherung der Studierenden, die demokratische Reform der Studiengänge (Bachelor/Master) und eine Steigerung der gesellschaftlichen Verantwortung der Wissenschaften bzw. ihrer Subjekte in allen Mitgliedergruppen.
Für all diese Einsichten, Aussichten und Handlungen lohnt es sich, neu, wieder und weiter vor die Tür zu gehen, unter Leute zu kommen, wirkungsvolle Gemeinsamkeiten zu praktizieren und sich sowie die Welt zu einem Besseren zu verändern.
Niemand ist allein. Das läßt sich schnell und erfreulich folgenreich feststellen.
Einheit
Auf Heilung und auf Gänze hin:
Wie wirkt sich so mit neuem Spin?