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Lange berechtigte Forderungen

Für eine soziale Zeitenwende

Zur Erinnerung
„Es weht ein Hauch von Agenda 2010 durchs Land. Dass die Zeit des großen Geldverteilens vorbei sei. Heißt es. Und der Staat wieder kürzen müsse. Und die armen Unternehmen dringend Entlastung brauchen – weil wegen Krise im Grunde gerade die Deindustrialisierung bevorstehe. (…) Dabei drängt sich zum 20. Jahrestag der Agenda-Rede ein Verdacht bei nüchternerer Betrachtung auf: dass es uns ohne die Reformen alles in allem nicht unbedingt schlechter ginge – vielleicht in vielerlei Hinsicht sogar besser. Schon weil der Großteil dessen, was damals
reformiert wurde, wegen oftmals fehlender heilender bis schädlicher Wirkung seither wieder korrigiert und oft ganz zurückgenommen wurde. Ohne dass das Land deshalb ins Verderben gestürzt ist. (…) Wenn sich etwas in den 20 Jahren seit Schröders Agenda-Rede gezeigt hat, dann ist es, dass gute Wirtschaftspolitik eben doch etwas anderes ist als Verzicht und Schweiß und Tränen plus Wohlfühlpolitik für Konzerne. Dass es auf Dauer für alle besser ist:
• höher bezahlte und besser geschützte Qualitätsarbeit entstehen zu lassen;
• Geld und Zeit in die Ausbildung zu investieren, statt Schnell-Abis und Handwerker ohne Meisterbrief zu machen;
• mehr Geld in die Zukunft zu investieren, als kurzfristig durch hastiges Kürzen sinkende Schulden erzwingen zu wollen – ob in Infrastruktur oder die Rettung des Klimas;
• auch mal staatlich gesteuert für die Gesundheit (und Rente) der Leute zu sorgen, statt auf schnöde vergängliche betriebliche Kosteneffizienz zu setzen. Keine Zeit für Wiederholungen.“

Thomas Fricke, „20 Jahre Schröder-Rede/Bloß keine Agenda-Wiederholung!“, „SPIEGELONLINE“, 10.3.2023.

Legitim
„Eine Häufung derart massiver Arbeitskampfmaßnahmen ist für die Bundesrepublik zwar tatsächlich ungewöhnlich. Es gibt aber eine ganze Reihe von Gründen, warum Gewerkschaften sich jetzt in einer günstigen Position sehen, die Muskeln spielen zu lassen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mussten zuletzt drei Jahre hintereinander deutliche Reallohnverluste hinnehmen. Auch wenn die Inflation den Höhepunkt wohl überschritten hat, bleibt sie auch in diesem Jahr hoch. Auf der anderen Seite konnten die 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland im Jahr 2022 in der Summe Rekordgewinne einfahren. (…) Sind nun aber Lohnforderungen im zweistelligen Prozentbereich gerechtfertigt? In vergangenen Jahrzehnten spielte in Tarifverhandlungen der Begriff des Verteilungsspielraums eine große Rolle. Er besagt Folgendes: Wenn ein Tarifabschluss der Inflationsrate plus dem Fortschritt der Arbeitsproduktivität entspricht, ist er in seiner Höhe angemessen und schadet den Unternehmen nicht.“

Volker Mester, „Streikwelle in Hamburg: Forderungen sind berechtigt“, „Hamburger Abendblatt“, 12.3.2023.

Bildung!
„Meinten diejenigen, die die Belastung der Kinder und Jugendlichen während der Pandemie beklagen, dies wirklich ernst, müssten sie sich vor allem und mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Kindergärten und Schulen [+ Hochschulen] mit ausreichend Lehrerinnen, Sozialpädagogen und auch technisch versiertem Personal ausgestattet werden. Nur so können diese ihrer Verantwortung für die Lernenden gerecht werden.“

Annett Mängel, „Drei Jahre Corona: Die Illusion der Normalität“, „Blätter für deutsche und internationale Politik“ 3/2023, S. 9-12, hier S. 12.

Im Ernst: Sind wir denn alle gar „Sozialschmarotzer“ oder
„Lumpenpazifisten“?

Wohl kaum. Stark abwertende Bezeichnungen machen am ehesten die Begründungsnot aufgeregter Meinungsbildner respektive das Ertappt-Sein bei häßlichen Kehrtwendungen deutlich als daß sie eine seriöse Widerlegung berechtigter Bedürfnisse, Anliegen und Forderungen seien.

Arme Unternehmen, wenn die Gewinne enorm steigen, vermögende Aktienbesitzer hohe Dividende erhalten, die Boni für Manager steigen und Aktien zurückgekauft statt
erforderliche Investitionen (z.B. in ökologische Innovationen) getätigt werden. Jammern gehört tradierterweise zu jedem Geschäft.

Dabei sind – neu zu erhebende und vorhandene, einzutreibende – Steuern der Reichen und Vermögenden nützliche Einnahmen für die öffentliche Hand. Diese kann für Bildung/Ausbildung, Gesundheit, Soziales und eine verläßliche Infrastruktur sowie für die Bewältigung der Klimakrise sorgen. Darüber hinaus trägt eine Finanztransaktionssteuer zur Regulierung des verwilderten Finanzmarktes bei.

Den Lebenshaltungskosten (incl. Kultur und soziale Partizipation) angemessene Löhne und tariflich gesicherte Beschäftigungsverhältnisse sind nicht nur menschenwürdig, sondern bilden auch volkswirtschaftlich sinnvolle Kaufkraft und sind eine Einnahmequelle für Steuern und Sozialleistungen. Sogenannte Kosteneffizienz des Staates und der Unternehmen schädigen diesen für das Allgemeinwohl unverzichtbaren Zusammenhang.

Auch der Aufrüstungseifer der Bundesregierung ist nicht nur gefährlich und anachronistisch, er, sei er auch „feministisch“ genannt, verschwendet gesellschaftliche Mittel, die für eine soziale, zivile und demokratische Entwicklung – die internationalen Beziehungen eingeschlossen – dringlich erforderlich sind.

Was nun aber Frieden, Arbeit, Soziales, rationales ökologisches Handeln und globale Gerechtigkeit angeht, kommt seit geraumer Zeit so manche Bewegung in Gang. Verzicht oder Alternativlosigkeit ist eine suggestive Formel von gestern. Anwachsender positiver Widerstand ist Sinngebung. Die Richtung stimmt. Der Mensch ist ein gestaltendes soziales Wesen. Dieser wesentlichen Tatsache sollten sich auch zunehmend die Wissenschaften widmen. „Sparen“ hilft dabei wenig. Einsichten schaffen Aussichten.
Aussichten auf Verbesserungen.

Entfaltung
Wer sein Dasein gut
gemeinschaftlich gestaltet,
hat mehr vom Leben.