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Verhandeln und Handeln

Für andere Akzente

„Dohnanyi: Mehr Vernunft hieße jetzt, einen umfassenden europäischen Katastrophenschutz für die schnellere Rettung der Menschen auch bei Erdbeben zu schaffen. Pandemien, Waldbrände, Wassermangel, Hunger und Migration sind heute weitere große Gefahren für die Menschheit. Schon das Erdbeben im syrisch-türkischen Raum wird am Ende vermutlich in einer Nacht mehr als die dreifache Zahl an zivilen Opfern gefordert haben als der Ukrainekrieg in einem Jahr. Die EU-Kommission mischt sich in vielerlei Dinge ein, aber für einen gemeinsamen Katastrophenschutz wäre in Europa noch viel Luft nach oben.
Iken: Müssen wir die Prioritäten neu setzen?
Dohnanyi: Deutschland und der Rest Europas waren und sind von Russland nicht bedroht; dafür gab und gibt es keinerlei Hinweise. Im Ukrainekrieg geht und ging es von Anbeginn nur um deren Mitgliedschaft in der Nato, die Putin durch seinen Angriffskrieg verhindern wollte. Aber auch die Ukraine wollte sich mit einem Status wehrhafter Neutralität unter UNO-Sicherheitsgarantie nicht abfinden. Verteidigt nun die Ukraine unsere Freiheit? Durch die indirekte Beteiligung an diesem Krieg verlieren wir eher an wirtschaftlicher Kraft und damit an Selbstbestimmung und Freiheit.
Statt immer mehr Waffen wären diplomatische und finanzielle Investitionen in einen Interessenausgleich für uns die klügere Priorität. Doch wer ist dazu bereit?“

Klaus v. Dohnanyi („Dohnanyi am Freitag / Was das Erdbeben mit dem Krieg gegen die Ukraine zu tun hat“), „Hamburger Abendblatt“, 10.2.2023.

„Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!
Wir Bürgerinnen und Bürger Deutschlands können nicht direkt auf Amerika und Russland oder auf unsere europäischen Nachbarn einwirken. Doch wir können und müssen unsere Regierung und den Kanzler in die Pflicht nehmen und ihn an seinen Schwur erinnern: „Schaden vom deutschen Volk wenden“. Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen.
Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt! Denn jeder verlorene Tag kostet bis zu 1.000 weitere Menschenleben – und bringt uns einem 3. Weltkrieg näher.“

Alice Schwarzer, Sahra Wagenknecht, „Manifest für Frieden“ (bislang über 400.000 Unterzeichnungen.) https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden

„Es ist wohl ausgemacht, daß nächst dem Wasser, das Leben das Beste ist, was der Mensch hat.“ (154)

Georg Christoph Lichtenberg, „Sudelbücher“, Heft J, 1789.

Es liegt wieder auf der Hand: Alle politischen, sozialen und Umweltkrisen zeigen fortgesetzt deutlich, daß sie mit Waffengewalt oder
 androhung bzw. mit militärischem oder machtpolitischem Denken nicht zu lösen sind.

Kriege zerstören, das ist nicht zu leugnen. Zivile Konfliktregulierung sowie soziale Entwicklung entstehen nicht durch Waffengänge oder Waffenlieferungen. Die Produktion von militärischem Gerät aller Art bindet geistige und materielle Potentiale und Ressourcen. Allgemeine Kriegspropaganda und Heerwerbung in den Schulen verderben den gesellschaftlichen Charakter bzw. die kultivierte persönliche Entwicklung.

Nach zwei Weltkriegen und bei – nicht zuletzt atomarer – Hochrüstung sollte besser gelernt und konsequent abgerüstet werden.

Das ist seit jeher Sinn, Zweck und Ziel der (internationalen) Friedensbewegung. Das wird auch nicht dadurch falsch, wenn ihre Mahnungen, Alternativen, Forderungen und Aktiven als „Spinnerei“ und „Lumpenpazifisten“ beschimpft werden.

Alle politischen und geistigen Energien sowie materiellen Mittel sollten zunehmend für
die Lösung globaler Probleme (Klima, Ernährung, Bildung, demokratisch-soziale Entwicklung) eingesetzt werden.

Die bedarfsgerechte Entfaltung öffentlicher Einrichtungen (Kitas, Schulen, Hochschulen, Bibliotheken, Theater, Museen) sowie die sozialen Sicherungen (Kindheit, Bildung und Ausbildung, Alter, Krankheit, Erwerbslosigkeit) sollten neuen

Vorrang vor enorm kostspieligen Gewaltmitteln und ihrer Anwendung erhalten. Eine gesellschaftliche Bedeutungsverschiebung ist dringend erforderlich.

Dafür wirken redlich überzeugte Menschen in der Friedensbewegung, teilweise in den Medien, den Wissenschaften, in Kunst und Kultur und auch in vielen alltäglichen Diskussionen.

Das neue Zusammenwirken zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ist ein deutliches Signal für gewachsene zivile und humane Ansprüche. Die Kriegsparteien werden zunehmend zum Innehalten aufgefordert.

Den Wissenschaften kommt in neuer Dimension die Aufgabe zu, Kriegs- und vor allem Friedensursachen zu ermitteln. In diesem Zusammenhang ist ebenso die politische Zurückhaltung aufzugeben.

Auf diese Weise läßt sich eine Zeitenwende ganz anderer Art ermitteln, denken und überzeugend realisieren. Der praktische Sinn der Aufklärung erhält so einen frischen und bewegenden Charakter.

Denken geht der Besserung voraus. Das geht Alle etwas an. Niemand ist allein.