HomePublikationen › Flugblatt von Liste LINKS und harte zeiten mit SDS* vom

Hinaus!

Der Aufbau von Vertrauen

„Hamburg. Erstmals seit mehr als 20 Jahren hat das Vertrauen der Bundesbürger ineinander deutlich abgenommen. Waren vor dem Ausbruch der Pandemie noch drei von fünf Bürgern davon überzeugt, ihren Mitmenschen vertrauen zu können, so sind aktuell nicht einmal mehr die Hälfte aller dieser Auffassung. Das ergibt eine Erhebung der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg, die dem Abendblatt vorliegt. Demnach vertrauen 2022 rund 45 Prozent der Menschen anderen. 2019 waren es 60 Prozent – das ist ein Rückgang von 25 Prozent. In Hamburg liegt der Wert ein wenig höher. Hier vertrauen der Erhebung zufolge 47 Prozent der Bevölkerung ihren Mitmenschen. Prof. Ulrich Reinhardt, Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen, geht dennoch davon aus, dass durch die größere Menge an Kontakt- und Austauschmöglichkeiten in der Hansestadt das Vertrauen untereinander wieder schneller wachsen kann. (…)
Offenbar haben Pandemie und die vermeintlich unsichere Zukunft zu mehr Misstrauen geführt. Der wachsende Argwohn besteht nicht mehr nur gegenüber Institutionen, wie Parteien, Unternehmen, Medien oder Kirchen, sondern hat sich auch auf die Allgemeinheit ausgeweitet. Viele Bürger haben Angst, übervorteilt oder ausgenutzt zu werden. Neben dem geringen mitmenschlichen Vertrauen spielt auch fehlendes Selbstvertrauen eine tragende Rolle – ein Phänomen, besonders bei der jüngeren Generation.“

Insa Gall, „Warum das Vertrauen der Hamburger stark gesunken ist“, „Hamburger Abendblatt“, 6.11.2022.

„Gelobt sei der Zweifel! Ich rate euch, begrüßt mir
Heiter und mit Achtung den
Der euer Wort wie einen schlechten Pfennig prüft!
Ich wollte, ihr wäret weise und gäbt
Euer Wort nicht allzu zuversichtlich.
(…)

Schönster aller Zweifel aber
Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und
An die Stärke ihrer Unterdrücker
nicht mehr glauben.“

Bertolt Brecht, „Lob des Zweifels“, Gedichte 1934-1939.

Wenn Mißtrauen fortgesetzt quälend schnürt, steht prompte Entfesselung auf der Tagesordnung.

Der politische Lockdown infolge der Corona- Pandemie hat unangenehme Nachwirkungen, die wieder zu beheben bzw. zu überwinden sind. Die empfindliche Einschränkung des Gesellschaftlichen, der Grundrechte und der Persönlichkeiten hat sich in die Gesellschaft und ihre Mentalitäten, auch Gewohnheiten eingegraben. Das macht sich nicht zuletzt in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen bemerkbar. Soziokulturelle Orte des Begegnens, des Lernens sowie der – idealtypischen und verantwortungsvollen – Entwicklung von Menschen jeglichen Alters waren geschlossen oder stark in ihrer kulturellen Tätigkeit eingeschränkt. Das versenkt sich in die Seelen der so Eingedämmten. Daher rührt das Mißtrauen in sich und andere. (Das Mißtrauen in die amtliche Politik bleibt berechtigt.)

Dieses Mißtrauen – in das eigentlich Menschliche – ist am besten zu überwinden, wenn die gesellschaftlichen Aktivitäten wieder verstärkt aufgenommen werden.

Dazu gehören die vielfältige soziale Begegnung, Gespräche über Relevantes und darüber hinaus eine gemeinsame Beurteilung der sozialen Lage und daraus folgende Positionsbildungen

und politische und kulturelle Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, diese Lage vernünftig und gemeinsam zu verbessern.

Das Engagement für den Frieden fördert die zivile Entwicklung. Das in Handeln übersetzte Unbehagen über die soziale Ungerechtigkeit schafft ein Mehr an Allgemeinwohl. Die demokratische Partizipation (in Bewegungen, Parteien, Initiativen und in der Interessenvertretung) bringt die Starre in Auflösung und schafft bessere Bedingungen und Möglichkeiten der gesellschaftlichen Tatsachen. Wenn Menschen für etwas Besseres widerstehen, wachsen Er- kenntnisse und positive Veränderungen.

Lernen ist menschlich unvermeidlich. Lernorte sind aufzusuchen. Begegnungen sind produktiv. Das Mißtrauen in sich und andere schwindet.
Der Horizont weitet sich. Es entsteht neuer Sinn. Die Laune steigt.
Wir haben es rational in der Hand.