HomePublikationen › Flugblatt von Liste LINKS und harte zeiten mit SDS* vom

„Führung“?

Der Opportunismus ist kein guter Ratgeber!

Umgefallen
„Als der heutige SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil noch ein junger Kerl war, verweigerte er den Wehrdienst. Befehl und Gehorsam waren nicht so sehr seins. Klingbeil stammt aus Munster in Niedersachsen, es ist der größte Heeresstandort Deutschlands. 16 000 Menschen leben dort, außerdem sind gut 5 000 Soldaten in der Stadt stationiert. Klingbeils Vater war Unteroffizier.
Und so näherte sich Klingbeil über die Jahre immer mehr der Bundeswehr an, nahm sie in Schutz – vor allem gegen Anwürfe aus seiner eigenen Partei – und wurde Verteidigungspolitiker. Ihn prägten die Anschläge vom 11. September 2001 [auf das World Trade Center in New York]. Immer häufiger wurde er gefragt, warum er denn früher verweigert habe. Er hatte keine Lust mehr auf die Frage und nahm vor gut zehn Jahren seine Wehrdienstverweigerung zurück. Das hatte keine unmittelbaren Konsequenzen. Aber seine Loyalität zur Truppe war nun dokumentiert.“

Mona Jaeger, „Zwei Schritte vor, einer zurück“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 19.9.2022, S. 4.

Die Geschichte mahnt
„Der Kampfpanzer Leopard 2 ist ein Koloss. Das aktuellste Modell ist 62 Tonnen schwer, zehn Meter lang, kostet pro Stück 15 Millionen Euro. Im Gelände verbraucht das Stahlungetüm 500 Liter auf 100 Kilometer.
Im Zweiten Weltkrieg waren Kampfpanzer eine nahezu unschlagbare Waffe. Die Landmächte Russland und Deutschland verfügten über Zigtausende von Tanks, während die Seemächte USA und Großbritannien schon auf Flugzeugträger und Kampfbomber setzten. ›Panzergeneral‹ Heinz Guderian galt mit seinen legendären Panzerdivisionen als Hitlers hochdekorierter Lieblingsheld (zunächst jedenfalls). Die von ihm geleiteten ›Kesselschlachten‹ tobten 1941 genau dort, wo heute Krieg geführt wird. An seine Offiziere schrieb Guderian: ›Niemand darf fanatischer an den Sieg glauben und mehr Glauben ausstrahlen als Du!‹ Bei Charkiw und Kursk kam es schließlich 1943 zu den größten Panzerschlachten der Geschichte. Es war Hitlers letzte Großoffensive vor der endgültigen Niederlage. Bei Kursk starben über 150.000 Mann auf sowjetischer und 50.000 Mann auf deutscher Seite. Etwa 3.000 Panzer blieben zerschossen liegen.“

Wolfgang Michael, „Die Grünen und die FDP wollen eine neue Panzerschlacht um den Donbass führen“, „der freitag“, Nr. 37/15.9.2022, S. 1

Ironische Deutung
„Die SPD ist eine Arbeiterpartei.“

Kurt Tucholsky, „Kleine Nachrichten“, 1932.

Tatsächlich: Lars Klingbeil ist seit Dezember 2021 einer der beiden Bundesvorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).

Eine „Arbeiterpartei“ zeichnet sich im besseren Falle dadurch aus, daß sie – ihre Mitglieder – programmatisch und praktisch für Frieden, soziale Gerechtigkeit, demokratische Beteiligung und internationale Solidarität wirkt, steht und verläßlich ist. Sie, die „Arbeiterpartei“, unterscheidet sich so von konservativen oder liberalen Parteien, wirkt gegen Rechts und hat ein kritisches Verhältnis zur Ausbeutung aller Art (auch der Natur) sowie dem Nord-Süd-Gefalle und besonderen Benachteiligungen in der Gesellschaft.

Akut hieße das: Ein bewußtes Verhältnis (auch zur eigenen) Geschichte, das Engagement für Frieden, Abrüstung und Entmilitarisierung, eine politische Wertschätzung für die sozio-kulturelle Daseinsvorsorge (Gesundheit, Bildung, Kunst und Kultur), das Wirken für tariflich angemessen (und gleich) bezahlte Arbeitsverhältnisse, die Beförderung betrieblicher und institutioneller Mitbestimmung, die Politik einer echten Entwicklungshilfe, die Schaffung eines rationalen Mensch-Natur-Verhältnisses sowie die gewollt aktive Beteiligung ihrer Mitglieder zu diesen humanen Zwecken.

All das bewegte sich noch innerhalb der Grenzen des Kapitalismus, wäre allerdings politisch und gesellschaftlich auf diesem Wege eine andere und bessere Tendenz in der menschlichen Zivilisationsentwicklung. „Wer morgen sicher leben will, muß heute für Reformen kämpfen.“ (Willy Brandt).

Von diesem Sinn für eine (relativ) konsequente Reformpolitik ist die SPD aktuell weit entfernt. Opportunismus ist kein guter Ratgeber. Vergesslichkeit macht defensiv. Darauf läßt sich nicht bauen.

Erforderlich ist vielmehr das kritische Engagement in allen gesellschaftlichen Bereichen: In den Gewerkschaften für sinnvolle Arbeit und die Wiederherstellung des Sozialstaates. In der Kunst für ein aufgeklärtes Menschenbild gegen den allseits suggerierten Egoismus. In den Wissenschaften für heilvolle Erinnerung, konsequente Erkenntnisse, die Kultivierung von Disputen sowie nicht zuletzt für die Lösung der globalen Probleme (Krieg, Umweltzerstörung, erzwungene Unterentwicklung).

In den sozialen Bewegungen für die weltweite Einheit von Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie. Erfahrungen und Mittel sind dafür vorhanden. Die Eindämmung ist zu verlassen. Der Horizont wird weiter.

Unbehagen geht aktiv
Kein Mensch muß bleiben
mit seinem Dasein allein.
Die Gemeinschaft wirkt.