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Mit neuen Ansprüchen gegen Angst und Krise

Selbstvertrauen mit frischem Antlitz

Ruhigstellung?
„Wer als Minister vor Anschlägen, Unruhen und Volksaufständen warnt, muss sich fragen, was er dafür oder dagegen getan hat. Bis jetzt hat nicht zuletzt der alte deutsche Sozialstaat für eine ausreichend breite Grundsicherung, Abfederung und Ruhigstellung gesorgt. Die Deutschen, die einiges erlebt haben, neigen nicht (mehr) zum Radikalismus. Die Kunst, gerade der in der sozialen Frage recht diversen Ampelregierung besteht darin, den hart arbeitenden Menschen jedwedes Einkommens jedenfalls mehr übrig zu lassen als jenen, die nur versorgt werden müssen. Die Koalition wird nicht an Differenzen über Steuersätze zerbrechen, sie muss den Eindruck einer gerechten Lösung erwecken. In dem von Bundeskanzler Scholz beschworenen Bild des Zusammenstehens muss sich jede Gruppe wiederfinden. Der Wille, niemanden zurückzulassen, muss glaubwürdig sein.“

Reinhard Müller, „Wider den Klima-Terrorismus“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 15.8.2022, S. 1 (Leitkommentar).

Gewinne, Gewinne, Gewinne!
„Hapag-Lloyd: Die Stadt, Warburg und Kühne stiegen bei der Reederei ein
Was alle verbindet, stand im Kleingedruckten der Wirtschaftsteile: Hapag-Lloyd. 2008 schmiedete Peiner das Konsortium Albert Ballin, um die Reederei vom Ballindamm vor dem Verkauf nach Singapur zu retten. Mit dabei waren die Stadt mit dem schwarz-grünen Senat, das Bankhaus Warburg und Klaus Michael Kühne. Im März 2012 entschieden sich Scholz und Tschentscher für einen weiteren Anteilskauf. Es wurde ein glänzendes Geschäft, der Wert des Unternehmens hat sich seitdem vervielfacht. 2012 ging Hapag-Lloyd an die Börse, damals kostete das Papier 20 Euro, heute rund 300 Euro. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr: Am Donnerstag vermeldete Hapag-Lloyd einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 9,1 Milliarden Euro – wohlgemerkt nur im ersten Halbjahr. Im ganzen Jahr sollen es bis zu 18,2 Milliarden Euro werden. Kein anderes deutsches Unternehmen dürfte im laufenden Jahr so viel Geld verdienen. Und kaum ein Unternehmen so wenig Steuern zahlen. Der Umsatz der Reederei lag [schon 2021] im ersten Halbjahr bei knapp 17 Milliarden Euro, das Konzernergebnis bei 8,7 Milliarden Euro. Solche Renditen hätte man vor wenigen Jahren in volkswirtschaftlichen Seminaren noch ins Reich der Fabel verwiesen. Selbst im Glücksspiel lässt sich derzeit kaum so viel Geld verdienen wie mit dem Verschiffen von Containern. (…) Angesichts der krassen Zahlen mutet seltsam an, dass sich die Politik eifrig mit einer Übergewinnsteuer befasst, sich aber an die Tonnagesteuer [Minderbesteuerung der tatsächlichen Gewinne] nicht herantraut.“

Matthias Iken ,“Hapag-Lloyd und die wundersame Geldvermehrung“, „Hamburger Abendblatt“, 13.8.2022.

Demokratischer Lümmel
„Der Republikanismus eines Volks besteht dem Wesen nach darin: daß der Republikaner keine Autorität glaubt, daß er nur die Gesetze hoch achtet, daß er von den Vertretern derselben beständig Rechenschaft verlangt, sie mit Mißtrauen beobachtet, sie kontrolliert, daß er also nie den Personen anhängt und diese vielmehr, je höher sie aus dem Volke hervorragen, desto emsiger mit Widerspruch, Argwohn, Spott und Verfolgung niederzuhalten versucht.“

Heinrich Heine, „Französische Zustände“ (Artikel IX), 1832.

Nun scheint es – wieder einmal? – um das Deutsch- Ganze zu gehen: Kaum sind die 100 Milliarden Euro Aufrüstung im Grundgesetz (!) eingeschrieben, die zwei Prozent Waffensteigerungen im Jahr versprochen, die „nukleare Teilhabe“ mit F35-Bombern in naher Aussicht, die bewaffneten Drohnen kein Problem mehr, Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete moralisch (Geschichte!) unbedenklich geworden – die Rüstungsindustrie scharrt mit den Hufen -, wird in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) eine „Lücke von etwa 18 Milliarden Euro“ für die Anschaffung von Militaria der neuesten Sorte entdeckt. Wer mit dem Teufel ißt, sollte einen langen Löffel haben. Mephistopheles ist unersättlich. Er hat nichts Gutes im Sinn.

Ließe man den ganzen Unsinn, die Plage, wären erhebliche gesellschaftliche Mittel für die Entwicklung notwendiger ziviler Aufgaben vorhanden: Die Bewältigung der akut immer deutlicher werdenden Klimakrise, den qualitativen Bedarf öffentlicher Einrichtungen (Gesund- heit, Bildung, Kultur, Soziales), die Sanierung der gesellschaftlichen Infrastruktur sowie für Arbeitsplätze mit tariflichen Gehältern in der sozialen Daseinsvorsorge bzw. die adäquate Anhebung von Erwerbslosensicherung und Renten.

Darüber hinaus sind die Steuern auf Gewinne und Vermögen konsequent einzuziehen und zu erhöhen. Verkehrswege, Kitas, Schulen, Hoch- schulen, Museen, Theater, Bibliotheken, öffentlicher Fern- und Nahverkehr, Allgemeinwohl, die Kultur einer Gesellschaft und die natürliche Umwelt, auch die rationale ökonomische Entwicklung, hätten ihre Vorteile davon. Gleich- falls das ernsthafte Bemühen um die Beendigung von Kriegen würde nicht nur Leid und Elend beenden, die Kooperation zur Lösung globaler Probleme ermöglichen, sondern auch die Inflation durch Börsenspekulation und Monopolgewinne erheblich mindern. Die soziale Frage ist in Einheit mit dem Frieden, dem rationalen Verhältnis zur Natur und der Überwindung des globalen Nord-Süd-Gefälles in deutlicher Entschiedenheit zu beantworten.

Es gibt Bereiche in Wissenschaft, Kultur und Politik, in denen das bekannt und ermittelt ist und immer wieder begründet zum Ausdruck gebracht wird. Diese positiven Akzente sind zu verstärken.

Wer sich glauben machen läßt, er bedeute nichts, unterliegt einem Irrtum. Die Bedeutung des zutreffend Guten wächst mit jeder Äußerung. Die Verachtung von Vernunft und Wissenschaft hat keine Zukunft.