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Neue Verallgemeinerung des Humanen oder konservativ geleiteter Zusammenhalt?
„Was wir nicht erkennen können, hat für uns keinen Wert, wenigstens keinen Wert auf dem sozialen Standpunkte, wo es gilt, das im Geiste Erkannte zur leiblichen Erscheinung zu bringen.“
Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, 1834.
Dieter Lenzen, der wenig demokratisch ins Amt geschobene neue Präsident der Universität, gab zum Amtsantritt dem erstaunlich aufmerksamen „Hamburger Abendblatt“ („H.A.“) ein Interview: „Von oben nach unten bestimmen, das werde ich schon allein deshalb nicht tun, weil es nicht funktioniert: Wer sich einbringt und ernst genommen wird, leistet auch bessere Arbeit.“ („H.A“., „Neuer Präsident Lenzen: Uni muss in Eimsbüttel bleiben“, 1. März 2010.) Der Mann ist, vom konservativen Standpunkte, wo es gilt, den stummen Zwang der Geschäfte mit Fleiß bzw. mit sogenannter Kreativität und „Motivation“ prestigeträchtig dienend zu akzeptieren, Realist. Alle sollen mitmachen. Sein präsidiales Programm ist, bei aller demokratischer Konzilianz, durch „Exzellenz“ im „Leuchtturm“ „konkurrenzfähig(e)“ Wissenschaften zu formen. Zur Beruhigung wird zwar „Beteiligung“ gepredigt, aber das aufgesetzte Regiment des wirtschaftsnahen Hochschulrats nicht problematisiert.
Von was für einer Vernunft soll die Universität sein, an der wir jasagend partizipieren dürfen?
Baulich bleibe die Uni jedenfalls besser – teilweise – in Eimsbüttel: „Die Möglichkeit eines Komplettumzugs fällt einem zumindest nicht unbedingt als Erstes ein. Für uns ist wichtig, dass die Wissenschaft funktioniert. […] Ich sehe beispielsweise bei den Sozial- und Geisteswissenschaften die Notwendigkeit eines urbanen Umfeldes, wie es hier auf dem Campus ist. Sie beschäftigen sich mit der Gesellschaft und Kultur, die hier stattfindet. Umgekehrt gilt aber: Große Forschungsanlagen haben mitten in der Stadt keinen Platz.“ [a.a.O.] Erforderlich ist hingegen, daß die kooperative Einheit der Universität auch räumlich zu wahren resp. zu ermöglichen ist. Angesichts enormer destruktiver Potentiale der Naturwissenschaften ist deren urbane soziale Einbindung und öffentliche Wahrnehmung für humanen Fortschritt gleichfalls unerläßlich. Die Uni ist in Gänze Bildungs- und Forschungsstätte der Gesellschaft. So überschreiten ihre aufklärerischen Möglichkeiten Epochen und Grenzen aller Art.
Zaudernd soll das Bachelor-/Master-Desaster beantwortet werden: „Es ist sinnvoll, viele Bachelor-Studiengänge auf acht Semester anzulegen.“ [a.a.O.] Es bliebe also bei restriktiven Regelstudienzeiten und einem selektiven Zugang zum Master. Aber engagierte Wissenschaftskritik, wissenschaftliche Selbständigkeit, solidarisches Lernen, ein egalitäres Lehr-Lernverhältnis, ein ungehindertes Engagement in der Verfaßten Studierendenschaft oder in der Akademischen Selbstverwaltung als gemeinsame wissenschaftliche Praxis wären weiterhin strukturell beschränkt.
– Mäßig deshalb auch die Antwort, auf die Frage nach Studiengebühren: „Das entscheidet die Politik, ich war schon immer dagegen.“ [a.a.O.] Was ist mit einer bedarfsgerechten, öffentlichen Finanzierung der Hochschulen, der Einheit des Lehrens und des Lernens? Mit welchem präsidialen Nachdruck wird die Forderung der Gebührenfreiheit nach außen vertreten, wenn schon der Akademische Senat und mindestens vier von sechs Fakultätsräten sie erheben?
Der Präsident hat sich taktisch auf die Hamburger Verhältnisse eingestellt. Angemessen ist er ihnen nicht. Mit „Exzellenz“ sind die verübten Deformationen nicht zu heilen.
Mensch-Sein ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit, d.h. Geist und Tat für Frieden, demokratische Partizipation, sozialen Fortschritt, kulturelle Entfaltung und die erste Geltung eines einzigen Machtmittels – des Arguments.
Diese Arbeit wird an den Börsen nicht notiert, ist aber nützlich.