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Was ist Aufklärung?
„Die Kirchen, die Politik Ja, in der Tat: Die Kirchen sind, wie es aussieht, besser vorbereitet als damals an Ostern. Die Politik ist es nicht. Sie hat die Erfahrungen aus dem Lockdown vom Frühjahr nicht richtig verarbeitet und nicht richtig ausgewertet, sie operiert weiter mit dem Instrumentarium von damals, mit Verboten, Betriebsbeschränkungen, Kontakt- und Versammlungsbeschränkungen; der Gesetzgeber ist ziemlich stumm geblieben, er hat es versäumt, für Generallinien bei der Bekämpfung des Virus zu sorgen. Die Exekutive, also Regierung und Verwaltung, bestimmt alles: Die grundrechtseinschränkenden Rechtsverordnungen werden multipliziert; die Grundfrage lautet, ›wer im Rechtsstaat welche Entscheidungen mit welchen Wirkungen gegenüber den Bürgern zu treffen befugt ist, und wie diese Entscheidungen demokratisch legitimiert und verantwortet werden müssen‹, so Uwe Volkmann, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Frankfurt am Main. Merkels Weihnachtsgeschenk Diese Frage wird nicht gestellt, nicht beantwortet und durch föderalen Wettbewerbsaktionismus ersetzt. Das ist nicht gut. Eine rechtsstaatliche Vorgehensweise wird durch Corona-Psychologie ersetzt. Möglichst scharfe Maßnahmen in der Vorweihnachtszeit – auf dass die Schärfe dann zu Weihnachten, quasi als Merkel-Söder-Weihnachtsgeschenk, wieder etwas gelockert werden kann.“
Heribert Prantl, „Fürchtet Euch nicht?“, „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 19.10.2020.
„Ferner könnte man sagen, wenn die kriegerischen Eigenschaften durch die Gemeinmachung der Wissenschaften verschwinden, so ist es noch die Frage, ob wir es für ein Glück oder ein Unglück zu halten haben. Sind wir deswegen auf der Welt, daß wir uns untereinander umbringen sollen? Und wenn ja den strengen Sitten die Künste und Wissenschaften nachteilig sind, so sind sie es nicht durch sich selbst, sondern durch diejenigen, welche sie mißbrauchen.“
Gotthold Ephraim Lessing, „Kritische Briefe“, Neunter Brief, 1751.
„Wir haben nunmehr vier Prinzipien der Moral: 1. Ein philosophisches: Tue das Gute um seiner selbst willen, aus Achtung fürs Gesetz. 2. Ein religiöses: Tue es darum, weil es Gottes Wille ist, aus Liebe zu Gott. 3. Ein menschliches: Tue es,weil es deine Glückseligkeit befördert, aus Selbstliebe. 4. Ein politisches: Tue es, weil es die Wohlfahrt der großen Gesellschaft befördert, von der du ein Teil bist, aus Liebe zur Gesellschaft, mit Rücksicht auf dich... Sollte dieses nicht alles dasselbe Prinzip sein, nur von andern Seiten angesehn?...“ (193)
Georg Christoph Lichtenberg, „Sudelbücher“, Heft L,1796–1799.
Aufklärung ist, nach der Schrift von Immanuel Kant („Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, 1784), „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ Hierbei komme es auf den Mut an, sich – „ohne Leitung eines anderen“ – seines eigenen Verstandes zu bedienen!
Nun kommen Mut und Verstand gewiß nicht ohne vorherige Erfahrungen und gewonnene Erkenntnisse aus, desgleichen ebenso nicht ohne Lernen, ergründende Erörterungen sowie im Disput erworbene Einsichten, Aussichten und gemeinschaftliche Handlungsorientierungen. Diese werden im Idealfall demokratisch gewonnen und entsprechend praktisch realisiert. Demokratisch ist nicht nur die Korrektheit formaler Akte, sondern darüber hinaus auch Sinn, Zweck und Ergebnis gewonnener Erkenntnisse sowie daraus folgender Maßnahmen bzw. Handlungsweisen. Ein allgemeiner Maßstab sei die Verwirklichung der Menschenwürde (Artikel 1 des Grundgesetzes) sowie die „unveräußerlichen Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ (Satz 2 des Artikels).
So lassen sich auch aktuell das Plädoyer von Lessing für die friedensstiftende Funktion der Wissenschaften und der Künste für den Frieden sowie von Lichtenberg die verschiedenen Akzente, Gutes zu tun, verstehen.
Insofern sind Bildung, Wissenschaft und Kultur wesentlich „systemrelevant“ für die aufgeklärte (mutige), zivile, demokratische und soziale Entwicklung der Gesellschaft(en).
Dazu gehört ebenso, wie zunehmend gefordert wird, daß die Parlamente gemäß ihrer gesellschaftlichen Funktion Probleme, Anforderungen und Entscheidungen – nicht nur bezüglich der Pandemie-Politik – kontrovers beraten.
Darüber hinaus ist ein Höchstmaß tatsächlicher komplexer Gesellschaftlichkeit (Arbeit, Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur, politisches Engagement) zu berücksichtigen und zu verwirklichen.
Das geht Alle an – als die lebendige Verwirklichung der Gesamtheit der unveräußerlichen Grundrechte. Auf diese Weise sind auch die Wissenschaften gefordert. Nicht zuletzt für die Entfaltung mündiger Persönlichkeiten.