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Eine neue Etappe: Was ist zu tun?
„müde menschen werden
früher alt
wach auf, genosse!“
Ernst Jandl, „Letzte Gedichte“, Sammlung Luchterhand 2001.
Die Präsidentin geht. Sie hat sich für eine gesellschaftlich verantwortliche Hochschule als unqualifiziert erwiesen. Deshalb muß sie gehen. Eine vernünftige Mehrheit in allen Mitgliedergruppen der Universität begrüßt diese Entwicklung. Der externe Hochschulrat, der sie auswählte und hätte abberufen können, zauderte. Er muß einen Fehler eingestehen und fürchtet zurecht Konsequenzen. Schließlich ist er als aufgekorktes, undemokratisches Hindernis ein struktureller Fehler. Die Senatorin (und der Bürgermeister) wollen von ihren politischen Schädigungen ablenken. Das gelingt nicht und wäre auch nicht förderlich für die Universität. Der AStA beschallt derweil den Campus.
Der konservative Standesverein für Professoren, der Deutsche Hochschullehrerverband, entdeckte angesichts der Bestrebungen der Senatorin, die übertriebene Präsidentin loszuwerden, jäh sein Herz für die Hochschulautonomie und verwahrt sich gegen Einmischungen aus der Wissenschaftsbehörde. Das ist kurios. Man kann nicht verteidigen, was man nicht im Interesse der Universität erringen will. Wir sind am Kern der Malaise:
Eine Autonomie der Bildung und der Wissenschaft, zumal eine aufgeklärt demokratische, ist nicht, was der Hochschulrat, die scheidende Präsidentin und der politische Senat vertreten. Die Universität ist zur Erhebung von Gebühren (mit nutzbaren Spielräumen) gesetzlich veranlaßt, die rigide Einführung von Bachelor und Master wurde erpreßt, die Mitbestimmung ist stark eingeschränkt worden, die Kürzungsorgien gegen alle Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sollen kein Ende nehmen, das betriebswirtschaftliche Management gilt als verordnet. – Autonomie, Demokratie, kritische Souveränität? – Die Handelskammer dirigiert eine andere Melodie. Kaum jemand will sie noch singen.
In dieser Lage tagt am 9. Juli der Akademische Senat (AS). Bei ihm liegt als gruppen- und bereichsübergreifendem Organ der Universität die politische Verantwortung für die weitere positive Perspektive. Dazu gehört zuerst die Forderung, daß aller menschliche Schaden, den die oberste Uni-Leitung in den letzen Jahren angerichtet hat, geheilt werden muß.
Das verbleibende kollegiale Präsidium muß gefordert werden, den demokratisch gewählten Dekan der Geisteswissenschaften endlich zu bestätigen.
Der AS sollte kritisch zum Struktur- und Entwicklungsplan Stellung nehmen: Das Stopfen von Haushaltslöchern durch Studiengebühren ist falsch; die Verkarstung durch die Streichung von sogenannten Orchideenfächern oder von Teilen der Erziehungswissenschaft muß gestoppt werden.
Notwendige Forderungen in diesem Zusammenhang sind die bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung der gesamten Universität und Wiederherstellung der seit 1993 bzw. 2001 systematisch abgebauten Breite in Lehre und Forschung, die Erhöhung der Studienplatzzahlen und die Abschaffung der Studiengebühren. Auch der konkurrenzverschärfenden Drittmittelhetze ist mit diesem Kurs Einhalt zu bieten.
Rasch zu erwirken ist eine umfassende Demokratisierung des Hochschulgesetzes, besonders die Abschaffung des Hochschulrats, die Wiedereinführung eines großen "Uni-Parlaments", die Wahl der Leitungsorgane durch demokratische Gremien sowie deren Aufwertung und die Wiedereinführung von Mitbestimmungsmöglichkeiten auf der Instituts- oder Fachbereichsebene.
Die Universität muß in Eimsbüttel bleiben; diese Entscheidung ist zu beschleunigen.
Eine wahrhafte Studienreform für solidarisches, wissenschaftliches und human eingreifendes Lernen sollte zügig angestrebt werden.
Das kluge Gedeihen der Universität ist eine gemeinsame Angelegenheit.