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Freiheit, Gleichheit, Solidarität!

Die Notwendigkeit der Emanzipation

„Was ich die Militarisierung der Polizei nenne, fügt sich ein in eine wachsende Militarisierung der gesamten Gesellschaft, wovon der erbitterte Streit um die Waffengesetze ein ungutes Zeugnis ablegt. Notwendig wäre eine kulturelle Transformation, eine Abwendung von der Tradition, Konflikte mit Gewalt zu lösen, im Inneren wie im Ausland. Während der Friedensbewegung in den Sechzigern wähnte man sich da schon weiter. (...) Man kann Hillary Clinton und die Demokratische Partei dabei nicht exkulpieren. Der Wahlkampf war ein Desaster. Manche Fehler wurden bereits während der Obama- und der Clinton-Präsidentschaft gemacht, das Umwerben der Wall Street, das Vernachlässigen der Arbeiter. (...) Die Sklaverei wurde 1865 abgeschafft, aber die Chancengleichheit bis heute nicht erreicht. Dafür hätte man die Freigelassenen mit dem nötigen Startkapital ausstatten müssen, und dafür hätte man die weißen Guts- und Plantagenbesitzer enteignen, massiv in Programme für Wohnen, Bildung und so weiter investieren müssen. Eine Auseinandersetzung mit der strukturellen Ungerechtigkeit, die aus unserer Gesellschaft herrührt, ist nie Bestandteil des amerikanischen Bewusstseins geworden.“

Jill Lepore, Professorin für amerikanische Geschichte an der Harvard Universität, im „SPIEGEL-Gespräch“, „SPIEGEL“ Nr. 24 / 6.6.2020, S. 114-116, hier S. 115 u. 116.

Am vergangenen Wochenende haben auch hierzulande mehrere zehntausend Menschen gegen die tödliche Polizeigewalt in den USA demonstriert und ihre vehemente Ablehnung gegen den Rassismus zum Ausdruck gebracht. (In Hamburg waren nach offiziellen Angaben 14.000 Demonstrierende auf den Straßen.)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) findet die Menschenmengen von Amts wegen besorgniserregend.

Besorgniserregend mag vielmehr der institutionelle Rassismus erscheinen, der tagtäglich tödliche Gewalt hervorbringt. Lang gehegte menschenfeindliche Vorurteile und soziale Ungleichheit, die Selbstverständlichkeit von Gewalt – nicht zuletzt mit Waffen – stehen diametral menschenwürdigen Bedingungen und Verhaltensweisen entgegen. Das gilt weltweit und wird deshalb auch zunehmend weltweit abgelehnt. Auf die Regierungen, zumal den reaktionären Wüterich Donald Trump, ist alles andere als Verlaß.

Für Frieden, Abrüstung, Stopp der Rüstungsexporte, Konversion der Rüstungsproduktion, zivile Konfliktregulierung, tatsächliche Entwicklungshilfe, internationale Solidarität und Kooperation; für (sinnvolle und erträgliche) Arbeit, Gesundheit, Bildung, Kultur; für Aufklärung und ein egalitäres Menschenbild; für ein vernünftiges Verhältnis zur Natur sowie einen so orientierten fairen Alltag müssen sich die Menschen informieren, positionieren, assoziieren und erheben. Die kritisch-rationale Gestaltung – im Großen und im Kleinen – des gesellschaftlichen Lebens gehört zur Gesundheit dazu. Nur so ist die internationale Krise nach dem Shutdown zu bewältigen. Das Home Office ist zu eng geworden, Erwerbslosigkeit ist kein Naturzustand, soziale Ungleichheit ist nicht menschengemäß. Diese Neu-Orientierung mag auch für die Wissenschaften, die studentische Interessenvertretung sowie die akademische Selbstverwaltung gelten.

„Wir müssen unseren kritischen Verstand wiederfinden und auch die Konsequenzen unserer Aussagen tragen. Wir müssen wieder erwachsen werden.“

Marie-France Hirigoyen, Psychoanalytikerin, über Donald Trump und die Frage, wie wir uns gegen die toxische Macht von Narzissten wenden; Gespräch in: „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 7.6.2020, S. 37.