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Gesundheit und soziale Entwicklung!

Zur Bewältigung der internationalen Krise

„Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat sich im Kampf gegen das Corona-Virus gegen Ausgehverbote für die Bevölkerung ausgesprochen und nannte Italien als schlechtes Beispiel dafür. »Ich bin kein Freund des Lockdown. Wer so etwas verhängt, muss auch sagen, wann und wie er es wieder aufhebt« sagte Montgomery der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Mittwoch). »Da wir ja davon ausgehen müssen, dass uns das Virus noch lange begleiten wird, frage ich mich, wann wir zur Normalität zurückkehren?« Man könne doch nicht Schulen und Kitas bis Jahresende geschlossen halten. Denn so lange werde es mindestens dauern, bis man über einen Impfstoff verfüge, betonte Montgomery. Italien habe ein Lockdown verhängt und habe einen gegenteiligen Effekt erzielt. »Die waren ganz schnell an ihren Kapazitätsgrenzen, haben aber die Virusausbreitung innerhalb des Lockdowns überhaupt nicht verlangsamt.« Ein Lockdown sei eine politische Verzweiflungsmaßnahme, weil man mit Zwangsmaßnahmen meint, weiter zu kommen, als man mit der Erzeugung von Vernunft käme. Kritisch äußerte sich Montgomery zu den von der Bundesregierung angeordneten Grenzschließungen. »Ich glaube nicht, dass die Grenzschließungen das Virus aufhalten können. Das ist politischer Aktionismus.« Man könne einzelne Autobahnübergänge kontrollieren und abriegeln. Aber dann nähmen die Leute eben die kleinen Landstraßen. »Da merken Sie es oft nicht, wenn Sie über die Grenze fahren.«"

Zitiert nach: „Ad Hoc News/Finanzzeitung für Deutschland“, 18.3.2020.

„Der leutselige Rat manch prominenter Wohnzimmerphilosophen, wir sollten nun alle etwas für uns tun, ausgiebig Yoga machen oder eine Fremdsprache lernen, richtet sich ja nur an jene, die es sich leisten können, ihre Quarantäne zur Quality Time zu machen, mit abendlicher Flasche Wein auf dem Balkon und Igor Levit Klavierstream im Hintergrund. (…) [Nicht jedoch:] Das medizinische Personal im brandgefährlichen Schichtdienst. Die jungen Eltern, die sich fragen, wann ihr quengelndes Krabbelkind wohl wieder einen Spielplatz zu sehen kriegt. Die armen Seelen, die nicht nur nach Hause, sondern in die Arbeitslosigkeit entlassen werden.(…) Was diesem Land – und, sprechen wir es ruhig aus, der ganzen Welt – in der kommenden Zeit abverlangt wird, das ist ein Solidarpakt gewaltigen Ausmaßes, finanziell wie zwischenmenschlich.“

Jörg Thomann, „Vor dem Virus sind wir alle gleich. Aber nur auf den ersten Blick“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 22.3.2020, S. 9.

„Das Paradox von Corona heißt: Je besser die Welt die Krise bekämpft, desto länger dauert sie. Umso wichtiger, dass die Maßnahmen nicht übertrieben werden – denn das würde den Kampf gegen das Virus selbst behindern.“

Patrick Bernau, „Die Wirtschaft ist lebenswichtig“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 22.3.2020, S. 18.

Auch Kunst und Kultur, Bildung und Wissenschaft sind lebenswichtig – deshalb ist es mit jedem Tag schädlich, die entsprechenden Einrichtungen auf unbestimmte Zeit geschlossen zu halten.

Auch ist es vor dem Hintergrund speziell der deutschen Geschichte verfassungsrechtlich und politisch äußerst fragwürdig, Grundrechte empfindlich einzuschränken – mit der Berufung auf das Infektionsschutzgesetz, das diese Maßnahmen nicht hergibt, und in einer Videorunde von Bundesregierung und Ministerpräsidenten unter Ausschluß der Parlamente.

Auch Mike Ryan von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt davor, im Kampf gegen die Corona-Pandemie vor allem auf die Einschränkung des gesellschaftlichen Lebens zu setzen. Er setzt vor allem darauf, die Infizierten zu finden und sie zu isolieren und medizinisch zu behandeln.

Ohne starke Gesundheitsmaßnahmen bestünde die Gefahr, daß sich das Virus nach Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen wieder stark verbreite.

Dazu ist ein massiver Ausbau (Personal, Löhne, Bettenkapazität, Material) des Gesundheitswesens, inklusive der Altenbetreuung und -pflege erforderlich sowie die ernsthafte Überlegung, die privatisierten Krankenhäuser wieder in die staatliche Hand zurückzuführen, denn: „»Bettenabbau und Personalnotstand sind nicht plötzlich und unerwartet entstanden«, sagt Asklepios-Konzernbetriebsratschef Martin Schwärzel. »Die Zahl der Pflegekräfte wurde in den Kliniken als wirtschaftliche Kennzahl genommen und so weit wie möglich gedrückt. Jetzt arbeiten wir alle am Limit.«“ (AutorInnenkollektiv, „Der Stresstest“, Titelgeschichte, „SPIEGEL“ Nr. 13/21.3.2020, S. 8-14, hier S. 12.)

Die grundlegende soziale Frage ist ebenso empfindlich berührt: Der „Lock Down“ macht am meisten den kleinen und mittleren Betrieben, den Angestellten im Dienstleistungsgewerbe, den prekär Beschäftigten (viele Studierende) und Hartz-IV-Empfängern (existentiell) zu schaffen. Hier sind bedarfsgerechte Hilfen politisch, sozial und ökonomisch unausweichlich.

Darüber hinaus ist eine Soforthilfe von reichen Ländern wie der BRD und Frankreich für die am meisten betroffenen Länder (beispielsweise Italien und Griechenland) dringend angemessen.

Alles in allem befinden wir uns in einem menschenwürdig zu gestaltenden Umbruch: Politisch, sozial, gesundheitlich und kulturell. Das geht auch die Wissenschaften bzw. die Bildung etwas an: Die Hochschulen und Schulen – auch die Kindertagesstätten – sollten sich so bald wie möglich wieder öffnen. Der Mensch als soziales und kulturelles Wesen sollte ernst genommen werden.