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Fortschreitende Humanität
Soll und kann Wissenschaft unpolitisch sein?
„Nach Ansicht des Hamburger Klimaforschers und früheren Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz Zentrum Geesthacht, Professor Hans von Storch, sollten sich Wissenschaftler dagegen auf ihre Fachperspektive beschränken und sich »in ihre Labore zurückziehen«. Wissenschaftler sollten die »Rolle des ehrlichen Maklers« annehmen und politische Prozesse beraten, aber nicht Ergebnisse vorgeben. Wenn Wissenschaft und Politik sich zu sehr annäherten, verlören sie ihre Stärken: »Wissenschaft wird entwissenschaftlicht, und Politik wird entpolitisiert.« Wissenschaft müsse immer offen gegenüber anderen Ansätzen sein. Aufgabe der Politik sei es dagegen, für den Ausgleich gesellschaftlicher Gegensätze zu sorgen.“
Aus: Ärzte Zeitung: Der Klimawandel und die Rolle der Wissenschaft; Bericht über die Herbsttagung des Deutschen Ethikrats, 30.10.2019.
„Ist es nicht sonderbar, daß die Menschen so gerne für die Religion fechten und so ungerne nach ihren Vorschriften leben.“
Georg Christoph Lichtenberg, „Sudelbücher“, Heft L (701), 1796-1799.
Politik ist die Art und Qualität, wie das Gemeinwesen, das Zusammenleben aller Menschen gestaltet wird – vom lokalen Leben und Schaffen bis in die globale Beziehungen – niemand ist ausgenommen. Im Schlechten wie im Guten, durch Passivität oder durch bewusstes Eingreifen, bestimmen wir unser gesellschaftliches Leben. „Politisch“ ist dabei das soziale Verhalten, das entweder die Struktur, Machtverhältnisse und Wirkungsweisen der bestehenden Gesellschaft erhalten oder verändern will.
Welche Rolle kommt darin den Universitäten zu?
Längst sind durch technologischen Fortschritt höhere Bildung sowie Arbeit auf akademischer Grundlage und mit wissenschaftlichen Hilfsmitteln Massenphänomene geworden. Das bekräftigt die Verantwortung Aller an den Universitäten, einen Standpunkt zu beziehen:
Soll die tiefere Einsicht nur wenigen zum Vorteil gereichen?
Oder wird ein gemeinschaftliches Bewusstsein des Mensch-Seins befürwortet und praktisch relevant ausgebildet?
Wenn Wissenschaft und Bildung der möglichst genauen Annäherung an eine wahrhaftige Erkenntnis der Welt, ihrer Gewordenheit und Möglichkeiten dienen;
wenn sie zugleich die Aufgeschlossenheit für das Neue, Andere und Unerforschte fördern;
wenn sie zudem alle Gewaltverhältnisse (auch die kulturell-sozialen, ökonomischen und technologischen) in Frage stellen und zu überwinden trachten;
wenn sie die menschenfreundlichen, schöpferischen Kräfte der Arbeit und der Künste befreien bzw. entfalten;
wenn sie öffentlich aufklären und zur qualifizierten demokratischen Partizipation ermutigen;
und wenn sie dazu beitragen, die elementaren Bedürfnisse aller Menschen nachhaltig zu befriedigen und zu entwickeln – dann gehen Wissenschaft und Bildung in das öffentliche Leben, in die Polis, als Wohltat ein.
Wissenschaft und Bildung sind also weder neutral noch sind sie dasselbe wie Politik. Am besten wenden sie sich gegen instrumentelle Herrschaft, zerstörerische Naturausbeutung, erschöpfende Arbeit, Mythen und Dummheit, perspektivlose Kultur und dekadente Profitmehrung. Am besten gelingen sie nach der Maßgabe, daß der Mensch dem Menschen ein Freund sein soll.
Welches Prinzip dominiert, welches durchgesetzt wird, welche Rahmensetzungen wir in der Universität und in der Gesellschaft akzeptieren oder überwinden entscheiden wir, letztlich: Alle!