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Exzellent! Exzellent?
„Warum wird Spitzenforschung gefördert?
(...) Ohne universitäre Spitzenforschung nimmt die innovative Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ab. Je exzellenter die universitäre Forschung, desto innovierender das unternehmerische Umfeld. Im Rahmen universitärer Forschungsprojekte werden Fachkräfte ausgebildet, die auf dem Arbeitsmarkt dringend benötigt werden. International sichtbare Spitzenforschung (...) ist für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands entscheidend.“
Bundesministerium für Bildung und Forschung: https://www.bmbf.de/de/die-exzellenzstrategie-3021.html
„Wenn man keinen Egoismus haben will, dann muß man nicht gegen ihn reden, sondern einen Zustand schaffen, wo er unnötig ist.“
Bertolt Brecht, „Über den Egoismus“, aus: „Me-ti – Buch der Wendungen“, entstanden im Exil der 1930er Jahre.
In der Wissenschaft geht es im besten Fall allerorten um die Lösung globaler Probleme – nicht um „Germany first“. Diese Siegerpose ist historisch überholt. Das vom Forschungsministerium propagierte unternehmerische Interesse an „Spitzenforschung“ bereitet deshalb Vielen Unbehagen. Eine solidarische Gegenstrategie für Wissenschaft zum Allgemeinwohl hat viele Hindernisse.
Die Unis sollen durch einen anhaltenden Sparkurs in die konservative Standortdoktrin eingeordnet werden: Mehr Mittel erhalte nur, wer das Exzellenzspiel mitspiele. Tatsächlich haben sich gewerkschaftliche und zivilgesellschaftliche Kämpfe zur Durchsetzung besserer staatlicher Finanzierung als einzig wirksam erwiesen.
Jetzt hat die Uni Hamburg bei der „Exzellenzstrategie“ insgesamt 164 Millionen Euro für vier sogenannte Forschungscluster im Wettbewerb errungen. Diese Mittel, aufgeteilt und befristet auf sieben Jahre und begrenzt auf die prämierten Forschungsfelder, auf denen als Gegenleistung zudem „innovierend“ geackert werden muss, sind nicht bedarfsgerecht. Sie ändern nichts am strukturellen Gesamtdefizit von dauerhaft 20 Millionen Euro. Das drückt die ganze Uni, weil mit der „Schuldenbremse“ die staatlichen Grundmittel permanent unterhalb des Bedarfs gehalten werden: Preise, Tarife, wissenschaftliche und andere Aufgaben sowie die Studierendenzahl steigen erheblich stärker als die dafür zugewiesene Finanzierung.
Das Prinzip „Exzellenz“ verdeckt und verschärft folglich die Probleme: Allein von 2009 bis 2016 ist der Anteil der über Wettbewerbe eingeholten „Drittmittel“ im Verhältnis zur demokratisch-staatlichen Grundfinanzierung von 18% auf 30% angewachsen. Am stärksten geschieht dies bei den MIN-Fächern. Da es sich um befristete Projektmittel handelt, ist damit eine weitere Prekarisierung der wissenschaftlich Tätigen verbunden. Da es sich vorrangig um Forschungsmittel handelt, geht es auf Kosten der Lehre. Öffentliche Mittel werden dorthin umgeleitet, wo schon viel Geld drin steckt. Es steckt viel Geld drin, wo an herrschenden Doktrinen nicht so sehr gerüttelt wird. Humanistische Ambition, Wissenschaftskritik, Studium und Forschung als Einheit sowie in der Regel Humanwissenschaften werden benachteiligt.
Was braucht also die Universität, nachdem alle Sektgläser geleert sind?
Zum Beispiel eine Philosophie (der Medizin), die den ganzen Menschen in seiner sozialen Welt begreift statt ihn kleinteilig zu separieren… Eine Wissenschaftskritik, die hinter der „Erforschung des Urknalls“ Historisches erkennt statt spekulativ den Grund allen Lebens erfassen zu wollen… Den Mut, den Klimawandel als politisch-ökonomisches Konfliktfeld zu bearbeiten und nicht als lediglich einzudämmende Katastrophe… Eine Erforschung bzw. Arbeit der Kulturgeschichte, die selbstbewusst Zerstörungen beendet und mit an einer friedlichen gemeinsamen Kultur baut… Solidarität für die Befreiung von öffentlicher Knappheit, sozialer Dekadenz und politisch gewollter Konkurrenz…
Das Nein zur Mängelverwaltung: Ein entschiedenes Ja zur Verwirklichung der ganzen Menschheit!