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Worum geht es beim Kampf für Gebührenfreiheit? Wie geht es weiter?
„In Spanien gründete sich einmal ein Tierschutzverein, der brauchte nötig Geld. Da veranstaltete er für seine Kassen einen großen Stierkampf.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1932. html
Zuallererst geht es um ein vernünftiges und freundliches Leben. Leben heißt lernen, heißt also verstehen, kooperieren und verändern – gegen Einschränkungen, zum allgemeinen Wohlergehen.
Das restriktive Gegenteil wird mit dem neoliberalen Umbau der Hochschulen bezweckt. Hier sollen ausschließlich Geschäfte gefördert beziehungsweise gemacht werden. Dafür ist vor allem ein tiefgreifender negativer Kulturwandel beabsichtigt: Bildung sei nicht Modus und Inhalt der menschlichen Emanzipation, sondern eine Ware. Menschen seien nicht Subjekte der Gesellschaftsentwicklung, sondern Humankapital im Krieg der Standorte. So will es auch die Hamburger CDU mit ihren Ghostwritern in der Handelskammer.
Bis in die 1990er Jahren speiste die Universität ihre kulturelle Orientierung wesentlich aus der humboldtschen, humanistischen Bildungstradition und aus den positiven historischen Zäsuren von 1945 und 1968. Obwohl die Universität in jüngerer Zeit stets höhere Ausbildungsstätte im Rahmen einer Marktgesellschaft war, wurden Humanität, Zivilität, Demokratie und soziale Verantwortung durch Kämpfe erwirkt und deshalb eher groß geschrieben. Die Universitätsmitglieder verstanden sich spätestens seit der studentischen Bewegung um 1968 tendenziell als aktive BürgerInnen einer akademischen Republik und haben den gesellschaftskritischen Aufklärungsimpetus gegen die oftmals beabsichtigte staatliche und privatwirtschaftliche Indienstnahme verteidigt.
Universitäten sind mit dieser Geschichte und in diesem Verständnis grundsätzlich ein Ausgangspunkt des (ambivalenten) wissenschaftlich-technischen Fortschritts, gesellschaftlicher Aufklärung, kultureller Qualifizierung und sozial progressiver Bewegungen. Diese vier Elemente zusammen sind in Verbindung mit einem egalitären Menschenbild bedeutsame Voraussetzungen für die Überwindung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Wer damit seine Geschäfte macht (oder sich als politischer Sklave dieser radikalen Minderheit zur Verfügung stellt), hat also an einer gedeihlichen Entwicklung der Universitäten und der Studierenden kein Interesse bzw. keinen Anteil.
Die massiven Proteste gegen die Gebühren in Hamburg (infolge derer SPD und GAL sich eindeutig auf Abschaffung der Gebühren festlegten; die LINKE ist ohnehin dieser Auffassung) sowie die Tatsache, daß trotz hohen Drucks nicht einmal die Hälfte der Studierenden zum Fälligkeitsdatum (17.12.2007) die Gebühren gezahlt hatte, belegen eindrucksvoll, daß die Gebühreneinführung politisch gescheitert ist.
Die Exmatrikulationsdrohungen, die nun gegen ca. 3.500 Studierende, die die Gebühren bisher nicht gezahlt haben, ausgesprochen wurden, sind deshalb das letzte Zwangsmittel, mit dem dieser Dressurmaßnahme noch zur Geltung verholfen werden soll.
Solidarische Widerständigkeit und fortgesetzte Aufklärung können auch diese Hürde noch umwerfen.
Die scheinbare Unumkehrbarkeit des neoliberal durchgestylten Kapitalismus wäre damit exemplarisch widerlegt. In Tateinheit mit der Abschaffung der Studiengebühren können also viele weitere positive Veränderungen erdacht, erörtert und erstritten werden.