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Eindeutiges Erinnern befreit!

„Tun sich mit dem teutschen Land dick,
grunzen wie das liebe Vieh.
Allerbilligste Romantik –
hinten zahlt die Industrie.
Hinten zahlt die Landwirtschaft.
Toben sie auch fieberhaft:
Sind doch schlechte deutsche Barden,
bunte Unternehmergarden!
Bleiben gestern, morgen, heute
kleine Leute! kleine Leute!“

Kurt Tucholsky, „Die Mäuler auf!“, 1930.

„Erbarmen wir uns der Kultur, aber erbarmen wir uns zuerst der Menschen! Die Kultur ist gerettet, wenn die Menschen gerettet sind. Lassen wir uns nicht zu der Behauptung fortreißen, die Menschen seien für die Kultur da, nicht die Kultur für die Menschen!“

Bertolt Brecht, Rede auf dem I. Internationalen Schriftstellerkongreß zur Verteidigung der Kultur, Juni 1935.

Im heftigen Widerspruch zwischen Zivilisation und Barbarei war das 20. Jahrhundert das „Zeitalter der Extreme“. Es hat auch in der Universität tiefe Spuren hinterlassen. Zwei haben sich hier besonders für das gesellschaftliche Lernen aus diesen Erfahrungen eingesetzt: Eckart Krause und Rainer Nicolaysen haben mit ihrem „ehrenamtlichen“ Wirken als „Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte“ die von 1933-1945 aus rassistischen und politischen Gründen verfolgten ehemaligen Mitglieder der Universität engagiert vor dem Vergessen bewahrt.

Geschichte in persönlichen Geschichten zu entdecken, anschaulich zu erzählen, zu analysieren und eingreifend zu überliefern ist ihnen unübersehbar eine Freude. Das aufklärende Engagement überzeugter Demokraten, das humanistische Erbe der Universität lebendig zu machen, ist ein wirkungsvolles Contra zu der geschichtsvergessenen Ignoranz der sozialdarwinistischen Doktrin. So werden Biographien, wissenschaftliche Arbeiten, soziale Erfahrungen und Kämpfe, progressive Ansprüche und schwer vorstellbare Leidenswege durch ihr Wirken für Alle lehrreich überliefert. Zeitgeschichtliche Dokumente der Universitätsgeschichte, eine anregende Sammlung studentischer Publikationen und analytische Werke zur Wissenschaftsgeschichte ergänzen diese Arbeit und bilden den Rahmen künftiger Forschungs- und Lehrtätigkeit.
Jeder teilnahmsvolle Mensch kann das Erbe der Universität hier – kenntnisreich angeleitet – für die Gestaltung erfreulicher Lebensumstände produktiv machen. (Man munkelt, dabei werde zuweilen auch gelacht.) Hier wird ein unverzichtbarer Beitrag zur Selbstverwirklichung der Mehrheit geleistet.

Für diesen persönlichen Einsatz sind die Genannten am 2. Juni mit dem Max-Brauer-Preis der Alfred Toepfer Stiftung geehrt worden. Festredner und Auditorium haben die „Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte“ als weit ausstrahlende Bereicherung für die Universität und die Stadt gewürdigt.

Lieber Eckart Krause, lieber Rainer Nicolaysen, wir wünschen uns allen, daß dieses Schaffen nun hindernisarm, tatenreich und freudig auf lange Zeit fortgesetzt werden kann und sagen:
Chapeau!