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Wissenschaft – für heute und morgen
„Aber der Augenblick ist längst gekommen, zu erkennen, daß die gesellschaftliche Klassenidee weit freundlichere Beziehungen zum Geist unterhält als die bürgerlich-kulturelle Gegenseite, die nur zu oft zu erkennen gibt, daß sie die Berührung mit dem lebendigen Geist, die Sympathie mit seinen Lebensforderungen verloren hat.“
Thomas Mann, „Deutsche Ansprache. Appell an die Vernunft“, 1930.
Die Weltbank hat ermittelt, dass nur 16 Prozent der Weltbevölkerung über 83 Prozent der Vermögenswerte unseres Globus’ verfügen.
Die nüchterne Zahl drückt ein krassen Unterschied sozialer Lebensbedingungen und angewandte Macht aus. Dieser Gegensatz ist ursächlich für die meisten Probleme, mit denen sich die Menschheit heute beschäftigen muß. Dabei ist nichts natürlich noch unüberwindbar.
Wenn wir an der Universität studieren, lernen, lehren und forschen, weil es um die Entwicklung solidarischer globaler Beziehungen geht oder um die Verwirklichung von Gesundheit, Bildung, vernünftiger Arbeit und kultureller Entfaltung aller, oder weil wir uns für eine sozial gerechte Ökonomie, für die praktischer Geltung der Menschenrechte, oder die Erschließung des reichen kulturgeschichtlichen Erbes aller Weltteile engagieren, oder weil Fortschritt der Technologie nachhaltig menschenfreundlich sein muss – dann gehört die soziale Frage überall in den Mittelpunkt des kritischen Interesses.
Jedes wesentliche Problem unserer Zeit enthält bereits den Keim seiner Lösung. Wissenschaft heißt nicht zuletzt, ihn zu finden und zu entfalten.
Der Schweizer Soziologe und Berater des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen, Jean Ziegler, stellt in seinem Buch „Ändere die Welt!“ (Paris 2014) die Frage: „Was nützt ein Intellektueller?“
„Durch seine Analysen trägt er dazu bei, dass Strukturen des Überbaus einstürzen – Staaten, kulturelle Systeme, Geflechte von Produktionsbeziehungen –, die die freie Kreativität behindern, die Fähigkeit der Menschen, zu produzieren, zu träumen und Neues zu erfinden. Er hilft, die Legitimität der Herrschenden zu untergraben, gibt den Beherrschten eine Waffe für die unverzichtbare Mobilisierung und Erkenntnis in die Hand. (...) Auf diese Weise fällt das Bemühen des Intellektuellen, die Welt zu verstehen, so wie sie ist, und sie zu verändern, notwendig mit dem Wunsch der Völker nach Unabhängigkeit, Freiheit und Glück zusammen. Es fällt mit der kollektiven Suche nach Sinn zusammen, die unerlässlich für die Konkretisierung dieses Wunsches ist.“
(ders., ebd.)
Die Universität ist ein Ort dieser Potentialität.
Hier wirken Menschen mit Möglichkeiten.
Beginnen, verstehen, verändern – vereint.