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Lernen heißt Ändern

Über eine nützliche Verbindung

Militarisierung
„Die Verteidigung ist eine Daueraufgabe, die lange sträflich vernachlässigt wurde. Dauerhaft ist auch das Herunterwirtschaften der Infrastruktur und der Dauerschlaf bei der Digitalisierung. Ohne Zweifel besteht auf diesen Feldern Investitionsbedarf. Das größte Geschenk für heutige und künftige Wähler wäre eine komplette ehrliche Aufgabenkritik sowie Kreativität – und zwar beim Sparen und Umschichten, nicht bei neuen Ausgaben. Es geht um viel Größeres als die Ampel und die nächste Wahl. Oder waren die Festreden zum Verfassungsjubiläum nur Propaganda?“
Reinhard Müller, „Es geht um Größeres“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 25.5.´24, S. 1 (Leitkommentar).

Friedenspriorität
„Gewiss: Das Grundgesetz lässt seit Mitte der fünfziger Jahre Rüstungspolitik und militärische Sicherheitspolitik ausdrücklich zu; aber die Schranken dabei setzt das Friedensgebot. Das Friedensgebot ist der Obersatz: >Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa den Frieden der Welt zu dienen<, heißt es in der Präambel. Die Präferenz der Verfassung ist eindeutig: Sie will Frieden und Sicherheit vorrangig auf der Basis internationaler Kooperation und in einem Konzept verwirklichen, dem die Vorstellung zugrunde liegt, dass die eigene Sicherheit zugleich auf der Sicherheit des potentiellen Gegners beruht. Das meint die Einordnung in ein >System der gegenseitigen kollektiven Sicherheit<, von der im Artikel 24 Absatz 2 seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes die Rede ist; Carlo Schmid, der geistige Vater dieser Formulierung meinte mit diesen >System gegenseitiger kollektiver Sicherheit< ausdrücklich nicht klassische Verteidigungsbündnisse, wie die Nato eines ist, sondern eine Institution wie die Vereinten Nationen.“
Heribert Prantl, „Den Frieden gewinnen/Die Gewalt verlernen“, München 2024, S. 38.

Kompaß
Ist der Krieg unnötig, ist auch die Tapferkeit unnötig. Sind die Institutionen gut, muß der Mensch nicht besonders gut sein. Freilich ist ihm dann die Möglichkeit gegeben, es sein zu können. Er kann frei, gerecht und Tapfer sein, ohne daß er oder andere zu leiden haben.“
Bertolt Brecht, „Me-ti/Buch der Endungen“, „Das Land, das keine besonderen Tugenden nötig hat“, entstanden im Exil der 1930 Jahre.

Die Bundesregierung („Ampel“) streitet über die Bundeswehrbrigade für Litauen. Boris Pistorius (SPD), sogenannter Verteidigungsminister, will für diese Außenstationierung des Militärs – und außerdem und sowieso für die „Kriegstauglichkeit“ - mehr und mehr Haushaltsmittel. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Spitzenkandidatin für die FDP zur Europawahl, hat keineswegs etwas gegen die Militarisierung. Schließlich wünscht sie sich die Europäische Union als Verteidigungsunion mit einer eigenen Armee. Aber die Auflösung der „Schuldenbremse“ geht gar nicht. Im marktliberalen Tabu befinden sich ebenso Steuererhöhungen für die Reichen und Wohlhabenden dieser ach so freien Gesellschaft. Sie fordert hingegen ganz unverblümt vom Koalitionspartner SPD, in welchen Ressorts für Waffen und Soldaten Kürzungen vorgenommen werden sollen. Also: Bomben statt Butter und Bücher. Die Negation des Zivilen schlechthin.

Heribert Prantl (s.o.) weist bedeutenderweise darauf hin, daß dies alles einmal (und auch später noch) ganz anders gemeint, gewollt und gefordert gewesen ist.
Zu denken und zu lernen sollte nach wie vor geben, daß zwei Weltkriege und die zunehmende atomare Bedrohung dem Überleben, dem Leben und einer wesentlich realisierten Menschlichkeit massiv im Wege stehen.

Der gegenwärtig mit organisierter Dummheit gesteigerte Kriegskurs schränkt empfindlich die sozialen, kulturellen, zivilen und demokratischen Aufgaben empfindlich ein und behindert die solidarische und kooperative Lösung globaler Probleme wie Hunger und Elend sowie die engagiert rationale Bewältigung der Klimakrise. Zudem ist wohl bei den propagandistischen offiziellen Feierlichkeiten zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes vergessen worden, daß die Menschenwürde an erster Stelle steht und die Verpflichtung des Eigentums zum Allgemeinwohl sowie das Sozialstaatsgebot in diesem Zusammenhang stehen und zu verstehen sind. Diese absichtlich versessene Vergeßlichkeit ist von Übel. „Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage.“ (Goethe, Faust 1)
Wirkliches Lernen mag also heißen, diese humanen Grundsätze bewußt zu erinnern und dafür zu wirken, daß sie allseitig tatsächliche Geltung erlangen.

Zu diesen sinnvollen Zwecken sollte sich in den Wissenschaften die Augen gerieben werden. Klar zu sehen ist eine unerträgliche Diskrepanz zwischen gewichtigen Erfahrungen, Ansprüchen und Erfordernissen einerseits und der kriegslüsternen Unvernunft andererseits. Diese häßliche Unstimmigkeit muß kritisch lernend überwunden werden. Die Vernunft baut den Weg.