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Lernen, Verstehen, Verwerfen, Anwenden: Emanzipation!

„Galilei: Also werden wir an die Beobachtung der Sonne herangehen mit dem unerbittlichen Entschluß, den Stillstand der Erde nachzuweisen. Und erst wenn wir gescheitert sind, vollständig und hoffnungslos geschlagen und unsere Wunden leckend, in traurigster Verfassung, werden wir zu fragen anfangen, ob wir nicht doch recht gehabt haben und die Erde sich dreht. ... Sollte uns aber dann jede andere Annahme als diese unter den Händen zerronnen sein, dann keine Gnade mehr mit denen, die nicht geforscht haben und doch reden.“

Bertolt Brecht, Das Leben des Galilei, 1938.

Die feudale Inquisition ist abgeschafft. Auch ist die Menschheit mit der Erfindung der Atombombe aus dem Stadium der vermeintlichen Unschuld endgültig herausgetreten; die negative Seite der Möglichkeiten ist deutlich für alle.

Der Schaden einer gewinnsüchtigen und schicksalhaft verbrämten Marktgesellschaft bzw. die analytische Kritik und die solidarische Opposition zur praktizierten Unvernunft eröffnen aktuell Blick und Handlungsmöglichkeiten für bessere Zeiten. Der militärischen und ökonomischen Destruktivität steht ein weit höheres Potential lebensbejahender Produktivität gegenüber, das durch kooperative Weltaneignung realisiert wird. So kommen Bildung und Wissenschaft – und ihre Institutionen – ins erfreuliche Spiel.

Die gemeinsame Befreiung von schädlichen Beschränkungen ist eine erforderliche Wendung: Das Diktat der gewinnbringenden Verwertung, die logisch daraus folgende Hierarchisierung menschlichen Lebens nach „Leistung“, die gefährliche Banalität vermarktungsfixierter Forschung und Lehre, die geforderte Hektik besinnungslosen Paukens, der politisch geschaffene Mangel an Mitteln und Möglichkeiten zur kulturellen Entfaltung – sind das kumulierte Übel. Die neoliberale Hochschulgesetzgebung, die von der Handelskammer gefordert und besonders von der CDU in Hamburg vorangetrieben wurde, steht z.B. somit auf dem Prüfstand. Sie ist umfassend zu revidieren. Dazu gehört zu allererst die Abschaffung der Studiengebühren und eine wissenschaftlich fundierte und antifeudal realisierte Studienreform inklusive die Demokratisierung der Hochschulstrukturen.

Der Akademische Senat (AS) sollte sich dieser Herausforderung in Hinblick auf die erkämpfte Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG) stellen und darüber hinaus eine selbstkritische Diskussion für die künftige Entwicklungsrichtung der Universität – wider die totale Vermarktung und für humanen Fortschritt – einleiten. Ehrliche Problematisierungen, Entwicklungsoffenheit, Kollegialität und Argumentationsfreude werden (auch bei der Präsidentenfindung) dabei nicht schaden.

Die Zivilisationskrise ist eine universelle historische Herausforderung – für alle.

„Galilei: Nehmt das Tuch vom Fernrohr und richtet es es auf die Sonne!“ (ebd.)