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Kontinuität durch Brüche: Aufklärung statt Militarismus

„Dankbare Verehrung des siegreichen und ruhmgekrönten Feldherrn.“

Zueignung der Ehrenbürgerschaft für Generalfeldmarschall Paul v. Hindenburg durch die Freie und Hansestadt Hamburg seit 1917.

„Nimmt man die Siege für ihn in Anspruch, so dürfen die Opfer sich auch an ihn halten, wenn sie sich von der Soldateska so geschädigt glauben, wie etwa die Franzosen und Belgier im besetzten Gebiet, wo beim Rückzug auf die Siegfried-Linie von den Deutschen geradezu bestialisch gehaust worden ist. Das haben wir nicht vergessen.“

Kurt Tucholsky, „Die Schweiz und Hindenburg“, Die Weltbühne, 1927.

Seit 1917 ist Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg (1847-1934) Ehrenbürger der Stadt Hamburg.

Solche Ehrungen „historischer Persönlichkeiten“ sind in Hamburg im frühen 19. Jahrhundert in Anlehnung an eine bürgerliche, französische Tradition entstanden, bei der es ursprünglich um das herausragende Eintreten für Freiheit und Menschenrechte ging.

In Hamburg standen in diesem Kontext lange Zeit besondere Verdienste für die Stadt im Zentrum.

In der Nazi-Zeit sind Adolf Hitler und Hermann Göring zu Ehrenbürgern erklärt worden. Dies wurde nach der Befreiung 1945 umgehend rückgängig gemacht.

Seither will die Stadt „im Geiste des Friedens [als] eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt“ wirken, heißt es in der Präambel der Hamburgischen Landesverfassung.

Die Würdigung Einzelner ist immer auch ein öffentlicher Hinweis auf Vorbildliches. Sie sollte im Einklang mit einem verantwortlichen Geschichtsverständnis sein. In Hinblick auf Paul von Hindenburg ist das nicht der Fall.

Der „Generalfeldmarschall“ und Kriegsverlängerer des Ersten Weltkrieges war zeitlebens völkisch-national, preußisch-konservativ, Militarist, und – 1925 zum Reichspräsidenten der „Weimarer Republik“ gewählt – er übertrug 1933 die Macht an Adolf Hitler.

Zeitgenossen – kritische und untertänige, jeweils mit unterschiedlicher Bewertung – sahen seine größte „Leistung“ darin, die politische Einheit aller reaktionären Gruppierungen der Weimarer Zeit zu repräsentieren. Neben der politischen Integration stellte er praktisch eine Kontinuität des deutschen Imperialismus vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg her.

Aus Anlaß des 80. Jahrestags der Machtübertragung an die Nazis (im März 1933) wird deshalb bundesweit die Umbenennung von Hindenburg-Straßen, -Plätzen und -Brücken diskutiert und bereits vollzogen. In Hamburg-Nord wird die Hindenburgstraße teilweise künftig nach dem sozialdemokratischen Politiker Otto Wels benannt.

Auch die hamburgische Öffentlichkeit und das Landesparlament müssen sich also qualifiziert mit der Frage befassen, ob diese „Ehrenbürgerschaft“ und die übrigen Teile mit dem Namen „Hindenburgstraße“ noch bleiben können. Ein entsprechender Antrag zur Ehrenbürgerschaft Hindenburgs wurde in der Bürgerschaft jüngst zögerlich dem Kulturausschuß zur näheren Befassung überwiesen.

Wie ist die historische Person Hindenburg und ihre Wirkung heute reell einzuschätzen?
Wie stellen wir uns der Geschichte angemessen?
Was für eine Kontinuität und welche Brüche sollen im Hamburger Geschichts- und Stadtbild betont werden?

Diese und weitere Fragen sollen in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung der Willi-Bredel-Gesellschaft erhellt werden:

Hindenburg – ein Vorbild?
Diskussionsveranstaltung

mit Joachim Szodrzynski, Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH)
am Mittwoch, den 22. Mai 2013, um 19.00 Uhr,
in der Schule Carl-Cohn-Str. 2 (Aula)
Eine Veranstaltung der Willi-Bredel-Gesellschaft/Geschichtswerkstatt.