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Leitbild Frieden –
Für eine kooperative Zivilisationsentwicklung

„Was aber fast überall völlig fehlt, das ist die pazifistische Propaganda im Alltag, auf der Gasse, in der Vierzimmerwohnung, auf öffentlichen Plätzen – der Pazifismus als Selbstverständlichkeit.“

Kurt Tucholsky, „Über wirkungsvollen Pazifismus“, Die Weltbühne, 1927.

Dieser Aufruf des literarischen Publizisten Kurt Tucholsky stammt aus der Zeit zwischen den zwei großen Kriegen. Aus dieser Geschichte wurde nachhaltig gelernt: Heute befürworten nur noch 22 Prozent der Bundesdeutschen Militäreinsätze im Ausland, über die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger halten die geplante Ausweitung der Militärpräsenz der NATO in Osteuropa für falsch. Ungefähr die Hälfte wünscht der BRD eine „mittlere Position“ zwischen „Rußland“ und „dem Westen“ (Infratest dimap). Das ist entgegen medialer Vereinseitigung das Ergebnis konsequenter friedenspolitischer Aufklärung und Völkerverständigung.

Die Universität Hamburg hat in diesem Zusammenhang eine aufhebenswerte Geschichte: Ende der 1960er Jahre hat sie sich vom „Muff unter den Talaren“ befreit. 1969 wurde infolgedessen mit einem neuen Hochschulgesetz eine demokratische Konstitution realisiert. In den 1970ern waren Studierende, Wissenschaftler und Angestellte aktiv für eine neue Ostpolitik (Entspannung). Eine große Zahl an Hochschulpartnerschaften, Austauschprogrammen und Wissenschaftskooperationen zeugen davon. (Sie sollten wieder belebt werden.) Die eigene Kolonial- und NS-Geschichte wurde in den 1980ern institutionell kritisch aufgearbeitet. Und gegen die Militarisierung der Außenpolitik und gesteigerte Kommerzialisierung öffentlicher Einrichtungen gab sich die Uni 1998 ein Leitbild mit dem ersten Ziel, durch „Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft für eine friedliche und menschenwürdige Welt“ zu wirken. In der Folge sind entsprechende Aktivitäten für eine zivile und gerechte Entwicklung couragiert weiterentwickelt worden.

Standortpolitische und persönliche Egoismen, politisch begünstigt durch betriebswirtschaftliche „Modernisierung“, finden deshalb ihre praktische Alternative in lebendig vertretenen Ansprüchen: Wahrheit, Frieden, sozialer Fortschritt, Nachhaltigkeit, echte Partizipation und die Forderung nach einer bedarfsgerechten öffentlichen Finanzierung wissenschaftlicher Tätigkeit begründen zuversichtlich gemeinsames Handeln.

Wie sind diese Ansprüche in der gegenwärtigen Studienreform zu verwirklichen?

Wie ist die Einheit von Studium, Lehre, Forschung und kooperativer Selbstverwaltung herzustellen?

Aufbruch aus der strukturellen Enge bestimmt die neue Etappe. Solidarität ist erlernbar und eine wirksame gemeinsame Praxis.

Wenn Frieden der Wille der Mehrheit ist, ist dies eine politische Macht – die aber noch ihren Widerpart in einer wirtschaftlich und zuweilen militärisch aggressiven Politik hat. Demokratie hat somit einen konkreten und wegweisenden Inhalt.

Mit dieser aktuellen Herausforderung sollte sich die ganze Universität befassen, auch, wenn es um ein neues Hochschulgesetz geht.