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„Gute Leute“ durch „gutes Geld“?

Eine geistige Lockerungsübung

Hamburger Abendblatt: Nachteile als Professor, gibt’s die?
Schnapp: Der Karriereweg ist beschwerlich. Um als Professor berufen zu werden, muss man einen langen Weg mit befristeten Verträgen und schlechter Bezahlung auf sich nehmen. Man krebst viel rum. Aber sich in meiner jetzigen Position zu beklagen, wäre wirklich Jammern auf hohem Niveau. [...]
Arndt Schmehl: Aus wirtschaftlichen Gründen Professor zu werden wäre natürlich gesellschaftlich fatal. In der Wissenschaft sind ja Vielfalt und Unabhängigkeit entscheidend. Und Professor wird man, weil man wissenschaftlich arbeiten möchte, mit Studenten, mit anderen Kollegen und mit Partnern in Staat und Gesellschaft. Eine leistungsorientierte Bezahlung an der Uni ist deshalb sinnvoll. Gute Leute, egal in welcher Fachrichtung, sollen gutes Geld verdienen.“

Hamburger Abendblatt: „Höhere Professoren-Gehälter: Das sagen zwei Hochschullehrer“, 16.2.2012.

Geld, d.h. gesellschaftlich erarbeiteter Reichtum, ist bekanntermaßen genug da.

Ausreichend davon für Bildung, Wissenschaft und Künste, für Gesundheit, soziales Leben und Wohnen, im öffentlichen Dienst und Nahverkehr eingesetzt, wäre unendlich wertvoller als die ganze spekulative Zerstörung. Praktisch vor Ort – die Hansestadt ist nicht arm – ist beispielhaft, daß allein 1 Prozent Vermögenssteuer, gezahlt nur von Hamburgs 8 Multimilliardären, bereits jährlich 500 Millionen Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen brächte (= ¾ Elbphilharmonie).

Jetzt hat ein Hessischer Prof. vor einem Verfassungsgericht die Feststellung erreicht, daß die Umstellung der Professorenbesoldung von „C“ auf „W“ zu unverhältnismäßigen Gehaltseinbußen führe. Yes, indeed: Bis zu 25 % weniger Grundgehalt (teilweise ausgeglichen durch sogenannte Leistungszulagen) liegen in der gesamtgesellschaftlichen Tendenz dauerhafter Reallohnsenkung bei gleichzeitiger Erhöhung des „Leistungs“– also Anpassungsdrucks.

Eine positive Änderung sollte für alle Berufsgruppen erreicht werden.

Was fangen nun die verbeamteten Wissenschaftler mit ihren (relativ) guten Bedingungen an?

„Ich habe maximalen inhaltlichen Entscheidungseinfluss auf meine Arbeit, bin zeitlich flexibel. Kurz: Ich kann Dinge tun, die mir Spaß machen, und werde gut bezahlt“, sprach der Kapitän in der Badewanne. (a.a.O.) „Man kann nicht kämpfen, wenn die Hosen voller sind als das Herz“, schrieb einst Carl von Ossietzky, Namensgeber der Staats- und Universitätsbibliothek („StaBi“). (In: Schriften. hg. von Bruno Frei. Band 2, Berlin/Weimar 1966.)

Angemessen wäre: Solidarische Kritik an der unsozialen Lenkungsfunktion von Studiengebühren, Ba/Ma und lächerlich reduziertem BAföG, an der Ausnutzung wissenschaftlicher Mitarbeiter (rund 90 % haben schlecht bezahlte, befristete Verträge), an den Niedriglöhnen der Mehrheit des Technischen- und Verwaltungspersonals und an der dauerhaften Unterfinanzierung der Hochschulen. Ohnehin sollte wissenschaftliche Tätigkeit zu friedlichen, sozial vernünftigen und wirklich demokratischen Lebensverhältnissen beitragen. Einen humanistischen Sinn soll das Ganze ja haben.

Deshalb ist die aufrechte Opposition zu spekulativem Wahnsinn und der entsprechend menschenunwürdigen normierenden Leistungsbeurteilung in Lehre, Forschung und Studium angebracht. Das bewegt weltweit und Alle gleich: Geld als solches macht nicht glücklich.

Humanistische Rationalität und eine egalitäre, kooperative Kultur schaffen gute (öffentlich ausreichend finanzierte) Lebensverhältnisse.

Darum ist soziale Kritik der Beweger gesellschaftlichen Fortschritts. Das ist die Alternative zu „Sachzwängen“ aller Art.