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Authentische Demokratie
Soziale Vernunft in Bewegung

Zur Novellierung des hamburgischen Hochschulgesetzes

„Bewährt hat sich schließlich die Einbindung von externem Sachverstand in die Steuerungsgremien der Hamburger Hochschulen durch das Engagement von Unternehmern in den Hochschulräten. Das gilt es weiter zu fördern! Was die Hochschulen dagegen nicht brauchen, sind aus dem politischen Archiv hervorgeholte Vorschläge für mehr Gruppendemokratie.“

Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer Hamburg, 30.12.2011.

„Was wir nicht erkennen können, hat für uns keinen Wert, wenigstens keinen Wert auf dem sozialen Standpunkte, wo es gilt, das im Geiste Erkannte zur leiblichen Erscheinung zu bringen.“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, 1834.

Die Hochschulen, so proklamierte schon 1999 die Hamburger Handelskammer, sollten als „Humankapitalausstattung“ des Stadtstaates dienen. Der Unternehmer-Vertretung ging und geht es um optimale profitable Verwertung von Mensch und Wissenschaft.

Weil die (relativ) demokratischen Strukturen der Universität bei der Durchsetzung dieses menschenverachtenden Kurses störten, wurden sie vom CDU-Schill-FDP-Senat mit Gesetzesnovellen 2003 und 2005 in ihren internen Beteiligungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. (Daran ist allerdings die Opposition der Universität nur gewachsen.)

Die durch Verwertung geleitete Unkultur unternehmerischer Hierarchie und konkurrenzhafter Handlungsweise hat sich mitnichten „bewährt“. Ihre absurdeste Spitze sind gerade die feudal anmutenden Hochschulräte, in denen Kapital-Lobbyisten über zentrale Entwicklungsfragen wie z.B. die Wahl der Hochschulleitungen, Struktur- und Entwicklungspläne sowie inhaltliche Ausrichtung der Professuren (mit-)entscheiden. Infolge massiver Kritik aus allen Hochschulen stehen diese nun besonders in Frage und gehören eigentlich abgeschafft.

Nun kommt es darauf an, die nachhaltige Verbesserung der Lebensverhältnisse aller Menschen, dafür die (sozial-)kritische Erkenntnis von gesellschaftlichen und geschichtlichen Zusammenhängen und die humanistische Entwicklung von Produktion, Politik und Kultur erneut in den Mittelpunkt aller wissenschaftlichen Tätigkeit und somit auch des Studiums zu stellen.

Dafür ist die argumentative Auseinandersetzung in egalitären Strukturen der Selbstverwaltung der Universität erforderlich. Demokratische Partizipation aller, auf Basis ausreichender öffentlicher Mittel, mit humaner Perspektive, mit gestärkten Entscheidungsrechten gewählter Gremien, auf Basis einer Kultur der (selbst-)kritischer Verständigung, sollte daher Leitlinie der nun anstehenden Reform des Hamburger Hochschulgesetzes sein.

Dabei ist relevant, daß die Studierenden – gebührenfrei, mit politischer Interessenvertretung und ohne Sanktionen im Studium – der beste Garant einer vernünftigen Hochschulentwicklung sind.

Die Behörde für Wissenschaft und Forschung hat angekündigt, in Bälde einen Entwurf für ein reformiertes Hochschulgesetz vorzulegen. Sie will demokratische Mitbestimmung teilweise wiederherstellen. Notwendig ist, daß dabei die senatstypische Bremse (Devotion vor der Handelskammer bzw. betriebswirtschaftliche Steuerung und Schuldenbremse) endlich gelöst und die Mitgliedschaft der Hochschulen umfassend und frühzeitig an der Reform beteiligt wird. Dafür ist also weiter zu kämpfen.

Authentische Demokratie ist die solidarische Erweiterung sozialer und politischer Rechte für eine humanistische Entwicklung von Universität und Gesellschaft.